Heute vor 40 Jahren wurden in Karlsruhe Siegfried Buback, sein Fahrer Wolfgang Göbel und der Leiter der Fahrbereitschaft Georg Wurster Opfer eines Attentats der RAF (Rote-Armee-Fraktion). Aus diesem Anlass hat Michael Buback, der Sohn des Anschlagsziels, des damaligen Generalbundesanwalts, Ken Jebsen ein ausführliches Interview gegeben. Wenn Sie 2 Stunden Zeit haben, schauen Sie es sich an und verschaffen Sie sich einen Eindruck davon, dass Michael Buback ein klarer, sorgfältiger und abwägender Mensch ist, der ganz genau überlegt und weiß, was er sagt:
Nachtrag 9.4.2017: Dieser Film des ZDF ist sehr informativ und deutlich kürzer.
Eine eigene WELT mit RAF-Komplex
Wenn Sie dann noch Zeit haben, lesen Sie sich zum Vergleich diesen Artikel aus der Tageszeitung Die Welt vom 6.4.2017 durch:
Warum der Mord an Siegfried Buback ungeklärt bleibt
Was überzeugt Sie mehr, der Artikel oder das Interview mit Michael Buback?
Der Artikel behauptet u.a., dass das Buch von Michael
Buback voller „unbelegter Verschwörungstheorien“ sei.
Ich habe das Buch gründlich gelesen, mich mit dem Autor persönlich unterhalten und auch sehr viele andere Dokumente, Berichte und Interviews von ihm gelesen und kann Ihnen sagen, dass das Buch noch sehr viel akribischer, sorgfältiger und natürlich ausführlicher ist, als das Interview mit Ken Jebsen zeigen kann. Das Buch beschreibt skrupulös den Weg vom Glauben an die Korrektheit der Ermittlungsergebnisse bis zur Gewissheit über die wahre Täterin und ihre systematische Deckung durch die Ermittlungsbehörden. Und diese Deckung hält bis heute an, nicht nur durch die Behörden, sondern auch durch Medien wie Die Welt, die offensichtlich kein Interesse daran haben, dass die Öffentlichkeit alles erfährt, was man heute sicher wissen kann, wenn man sich für den Fall interessiert.
Wie schlecht die Zeitung arbeitet, die einem geradezu wissenschaftlich arbeitenden Autor „unbelegte Verschwörungstheorien“ grundlos unterstellt, sei als Einstieg nur an zwei Beispielen belegt:
1.) Der dritte Tote
Der Welt-Autor schreibt:
„Generalbundesanwalt Siegfried Buback und sein Fahrer Wolfgang Göbel sind tot, auf der Rücksitzbank liegt Georg Wurster, der Leiter der Fahrbereitschaft der Bundesanwaltschaft, im Sterben.„
Das ist objektiv falsch. Georg Wurster lag nach dem Attentat nicht im Sterben, sondern starb erst 6 Tage später. Das kann man u.a. in diesem Artikel der Wiener Zeitung Die Presse nachlesen. Auch in der Zwischenzeit lag Georg Wurster nicht im Sterben, sondern er hat im Krankenhaus Besuch von seinem obersten Dienstherrn, Bundesjustizminister Hans-Jochen Vogel empfangen, wie man u.a. schon im Spiegel lesen konnte: „Siegfried Bubacks Begleiter Georg Wurster bekam im Krankenhaus Besuch von Bundesjustizminister Hans-Jochen Vogel, aber niemand vernahm Wurster als Zeugen – fünf Tage später starb er an den Folgen des Attentats. Den Hinweisen und Aussagen, dass eine Frau vom Soziussitz aus geschossen haben könnte, gingen die Ermittler ebenfalls nicht nach.„
2.) Keine Anklage gegen Sonnenberg
Günter Sonnenberg gilt bis heute als einer der 3 Täter von Karlsruhe. Dazu schreibt Die Welt:
„Außerdem galt als direkt tatbeteiligt Günter Sonnenberg. Er hatte nachweislich das Motorrad gemietet, die seinerzeit stärkste Serienmaschine der Welt. Freilich wurde Sonnenberg dafür nicht angeklagt, weil er wegen eines anderen versuchten Doppelmordes bereits zu „lebenslänglich“ verurteilt war: Mehr Strafe ging ohnehin nicht.„
Die unterstrichene Begründung ist sehr flapsig, nicht wahr? Er hat für 2 versuchte Morde lebenslänglich erhalten, eine überharte Strafe, wurde aber für 3 vollendete Morde nicht einmal angeklagt! Warum? Ist das nicht merkwürdig? Die Presse liefert in ihrem Artikel einen Hinweis auf den wahren Grund, warum er für das Karlsruher Attentat nicht angeklagt wurde:
„Am 3. Mai 1977 gerieten Sonnenberg und Verena Becker, ebenfalls RAF-Mitglied, in Singen in eine Personenkontrolle. Sie schossen zwei Polizisten nieder, konnten schließlich festgenommen werden. Becker hatte die Karlsruher Tatwaffe bei sich. Wegen Mordversuchs an zwei Polizisten wurden sie zu lebenslanger Haft verurteilt. Das Verfahren im Fall Buback gegen Becker wurde 1980 eingestellt, das gegen Sonnenberg 1982 wegen Verhandlungsunfähigkeit.„
Ist Ihnen aufgefallen, dass Die Welt Verena Becker nicht im Zusammenhang mit Günter Sonnenberg erwähnt hat, Die Presse aber sehr wohl?
Über solche merkwürdigen Dinge hat sich Michael Buback sehr sorgfältige Gedanken gemacht und hat sich nirgendwo mit so billigen Begründungen zufrieden gegeben wie der Artikel in Die Welt. Er folgert, dass man Sonnenberg offensichtlich deshalb nicht für das Karlsruher Attentat angeklagt hat, weil dann auch über die Tatbeteiligung von Verena Becker hätte öffentlich gesprochen werden müssen. Mit unzähligen Puzzleteilen, die im Verbund ein völlig untrügliches Bild ergeben, schafft er sich Gewissheit über die Täterschaft Beckers und ihren Schutz durch Ermittlungs- und Anklagebehörden. Im Ergebnis hat sie nämlich für diesen Dreifachmord keinen Tag im Gefängnis gesessen, von der Strafe für andere Taten wurde sie schon 1989 begnadigt. Der Artikel von Die Welt hält diese Deckung bis heute sorgsam aufrecht, wie wir uns soeben gemeinsam in einem kleinen Vergleich mit Die Presse überzeugt haben.
Nicht einfach immer nur Lügenpresse
Es gibt in den deutschsprachigen Medien alle Abstufungen, wenn es um die Fairness und Faktentreue im Fall Buback 40 Jahre nach der Tat geht:
++ Bayerischer Rundfunk: Die dubiose Rolle der Verena Becker
+ HR-Info: „Eigentlich ist klar, was damals passiert ist.“
+ Stuttg. Nachrichten: Diese Aufklärung ist er seinem Vater schuldig
o Presse: RAF-Mord Buback: Für den Sohn wird der Fall „immer unklarer“
o Heute: Wer hat Siegfried Buback erschossen?
o Morgenpost: So lief das Attentat auf Siegfried Buback am 7. April 1977
– Tagesschau: Als der „deutsche Herbst“ begann
— Die Welt: Warum der Mord an Siegfried Buback ungeklärt bleibt
Das Verschleiern im Fall Buback ist in Die Welt Chefsache
Ist es Zufall, dass Die Welt ganz besonders schlecht im Feld liegt? Lesen Sie selbst, was der Chefredakteur und „RAF-Experte“ Stefan Aust 2012 anlässlich des Urteils im Becker-Prozesses zum Besten gegeben hat, den Michael Buback angestrengt hatte. Man erkennt immerhin, dass Aust wesentlich geschickter agiert beim Verdrehen und Vernebeln der Fakten als der aktuelle Artikel in seiner Zeitung. So erwartet man das von einem Meister seines Fachs.
Wer mehr wissen und weniger glauben will, sollte das Buch lesen. Ich kennen keinen anderen Terrorfall, in dem gegen die offizielle Tatversion so viele Details so überzeugend geklärt worden sind. Das ist der Einzelleistung des Autors und seiner Frau zu verdanken und glücklichen Umständen.
Die Moral von der Geschicht‘:
- es gibt hier keine einheitliche Lügenpresse, sondern Licht und Schatten
- Stefan Aust und seine WELT haben besonders wenig Interesse an der RAF-Wahrheit
- die ÖR-Medien können auch sehr gut sein (wenn sie wollen)
Nachtrag 8.6.2017:
Eines von vielen Puzzleteilen, die das Bild von Michael Buback bestätigen und die man kennen sollte. Und noch mehr. Es gibt unglaublich viele Hinweise aus verschiedenen Richtungen.
Nachtrag 7.8.2017:
Ein Interview mit Michael Buback in den Nachdenkseiten.
Nachtrag 2.11.2020:
Michael Buback hat vor knapp einem Jahr das zweite lesenswerte Buch zum Thema veröffentlicht. Es beschäftigt sich vor allem mit den Zusatzerfahrungen aus dem von ihm initiierten Prozess gegen Verena Becker, die er als kriminalistisch erwiesene Täterin ansieht, zurecht, wie das erste Buch bereits erschöpfend gezeigt hatte. Folglich geht es im 2. Buch vor allem um die juristischen Fesseln und Winkelzüge, mit denen die Justiz daran vorbeikommt, das auch in einem Verfahren festzustellen:

Zum Buch gibt es auch wieder ein langes Interview, in dem Michael Buback seine Erkenntnisse erläutert, aber in eindrucksvollen Momenten auch die weitergehenden Folgerungen schweigend und betroffen im Raum stehenlässt, die der Interviewer dort platziert hat.
es gibt immer noch Menschen, die Ken Jebson als seröse Quelle nutzen. Faszinierend
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Ken Jebsen ist in diesem Fall keine Quelle, sondern nur der Interviewer. Die sehr seriöse Quelle ist Michael Buback. Ich habe seine Arbeit sehr genau studiert und mich auch darüber hinausgehend mit ihm ausgetauscht. Einerseits habe ich keine Zweifel an seiner persönlichen Glaubwürdigkeit, andererseits sind seine Fakten und Überlegungen so selbsttragend, dass sie Vertrauen begründen und nicht etwa voraussetzen.
Sie finden unten im Beitrag mehrere Sendungen, u.a. vom Bayerischen Rundfunk und vom ZDF, die ebenfalls mit dieser Quelle zusammenarbeiten.
Unabhängig davon habe ich an der Arbeit von Ken Jebsen selbst auch wenig auszusetzen. Er hat das Verdienst, auch Personen und Sachverhalten eine Plattform zu bieten, die von etablierten Medien wenig beachtet oder sogar ausgegrenzt werden. Das begrüße ich als Freidenker ausdrücklich.
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