Viel Beifall für die Linke

In meinem persönlichen Abgesang auf die deutsche Linke blieb am Schluss noch ein Quäntchen Unsicherheit, was von der Partei „Die Linke“ bbtw17-bernd-tour-by-muenchen-kleinei dieser BTW zu halten sei.

Deshalb kam mir dieses Wahlplakat wie gerufen:
Der Parteivorsitzende Bernd Riexinger und die 2. der Landesliste Bayern und Kandidatin in München-Süd, Nicole Gohlke, sind heute bei mir ums Eck gemeinsam aufgetreten.

Das musste ich wissen:
Wie sind sie so drauf?
Was sagen sie?
Wie ist das Publikum?
Was ist mit dem Elefanten im Raum?

Mein Weg war kurz, denn die „Echardinger Einkehr“ ist eine sehr nette Münchner Wirtschaft mit Biergarten, in der ich gerne mal mit Freunden ein Bier trinke. Die Wirtschaft liegt ja ganz in der Nähe des Michaelibads,EchardingerEinkehrdes Bads im sozial schwierigen Bezirk, das sogar in Berlin bekannt ist.

Es war sehr nett

Das Publikum war sehr nett, eher etwas gesetzt und in meinem Alter+, ganz ähnlich wie bei Guido Reil, aber zahlreicher, ergänzt um mehr Jüngere, insgesamt vielleicht 250 Leute im vollen Saal. Die Umgebung war natürlich erheblich gediegener als der zugige Rosenkavalierplatz, und es wurde ordentlich gegessen und getrunken in der nicht spottbilligen Einkehr, wenn auch eher Kasspatzen als Boeuf Stroganoff.

Im Anschluss an die Wahlkundgebung fand noch eine Kreis-Mitgliederversammlung statt, bei der es vor allem um die Lage in der Pflege und an den Städtischen Kliniken München ging, die sich gerade in einer schweren Krise befinden. Deshalb war auch die Gesamt-Betriebsratsvorsitzende Ingrid Greif  anwesend und  sprach ein Grußwort. Sie bemerkte, dass „80% von dem, was die Zeitungen über das Klinikum schreiben, Mist“ ist. Es war eine Veranstaltung in bester sozialdemokratischer Tradition, nur ohne SPD.

Nicole Gohlke war sehr nett

NicoleGohlke

Sie hat sehr resolut und engagiert gesprochen. Über städtische Angestellte, Lehrer und Lehrerinnen mit Angst vor der nächsten Mieterhöhung, über die vielen Risse in Merkels heiler Welt des „Uns geht’s ja so gut!“.

So war die SPD vor 30, 35 Jahren. Ich weiß das so genau, weil ich damals dabei war, zum Beispiel bei Wahlkampfreden von Willy Brandt: ganz großer Bahnhof für einen sozialdemokratischen Helden. Und die vielen Risse in Kohls heiler Welt.

 

Es ist vieles so richtig

Nach 15 Minuten kam Bernd Riexinger. Ich habe nichts einzuwenden gegen das, was er über den lamentablen Zustand der gesetzlichen Rente in Deutschland gesagt hat, den erschreckenden Vergleich mit der Rente in Österreich, die um satte 800 Euro höher liegt, und damit für die meisten kleinen Rentner fast doppelt so hoch. Alles das kann man u.a. auf den Nachdenkseiten nachlesen. Riexinger hat das und noch viel mehr sehr gut referiert. Der Beifall kam reichlich, auch von mir. Das sind Fakten, die jeder kennen sollte.
Dass die Gewerkschaften zu defensiv sind, weil sie nur die Interessen der organisierten Mitglieder vertreten, weiß auch jeder.

Manches viel zu einfach

„Dass Kim verrückt ist, weiß jeder“, aber Trump ist übrigens „auch ein Riesenarschloch“, hat aber einen richtigen Satz gesagt: „Es gibt 3 Wege, um reich zu werden. Der erste ist ein fettes Erbe, von den beiden anderen brauche ich dann nicht mehr zu reden“.
„Spekulationen mit Wohnungen müssen verboten werden!“, „Mindestens 250.000 Wohnungen müssen pro Jahr gebaut werden“.

Und drei Dinge stören brutal

Die SPD sei ein ganz fieser Haufen. Man sei natürlich zu Rot-Rot-Grün bereit, aber nicht um jeden Preis, sondern nur zu den eigenen Bedingungen. Dabei ist RRG in Wahrheit ein goldenes Kalb, um das man tanzen wird, bis die Sonne endgültig hinter dem Horizont versinkt. Die Linke und die SPD werden nie freiwillig zusammenfinden, ebensowenig wie die KPD und die SPD freiwillig zusammengefunden haben. Keine Ahnung, ob es an der SPD oder der Linken liegt, im Zweifel an beiden. Jedenfalls ist bei der nominalen RRG-Mehrheit im aktuellen Bundestag genau eine gemeinsame Aktion herausgekommen: die gemeinsame Verteidigung von Kanzlerin Merkel in höchster Not. Derselben Merkel, die Riexinger den ganzen Abend verrissen hat.

Und der Ralf Stegner und die Hannelore Kraft haben vor den Landtagswahlen verkündet, dass es das Wichtigste sei „Die Linke“ aus dem Landtag herauszuhalten. Das ist beiden in den Wahlen ja auch gelungen, sonst aber nichts. Dabei dürfe es, so Riexinger, nicht darum gehen, die Linke aus den Parlamenten zu halten, sondern die AfD müsse aus den Parlamenten herausgehalten werden. Das ist herzallerliebst: die eigene, schmerzlich empfundene Totalausgrenzung ist ein großes Unrecht, das nur durch die Totalausgrenzung der AfD, jedes einzelnen AfD-Mitglieds wie Guido Reil wohlgemerkt, wieder gutgemacht werden kann (Umgekehrt ist es weder besser noch schlechter: die AfD greint über die eigene Ausgrenzung und fordert als Wiedergutmachung bedenkenlos die Ausgrenzung und Kriminalisierung der Linken).

Das dritte Riesenproblem ist der rosarote Elefant im Raum, über den Riexinger praktisch kein Wort verloren hat. Er spricht darüber ebenso ungern wie Angela Merkel. Dabei hat dieser Elefant natürlich sehr viel zu tun mit den steigenden Mieten für einfache Wohnungen, mit dem Druck auf die Löhne für einfache Arbeit, mit Geldmangel bei den Gesetzlichen Krankenkassen und mit schwindenden Bildungschancen in vielen Schulen. Das Totschweigen dieses rosaroten Elefanten mit ganz, ganz abstrakten Formeln von grenzenloser Solidarität scheint mir so etwas wie die fundamentale Lebenslüge der Linken zu sein. Es ist die Voraussetzung für Forderungen an Merkel, an Seehofer und an die bösen Reichen, alle Probleme mit immer mehr Geld zuzuschütten.

Fazit und Ausblick

Die Linken kann ich guten Gewissens nicht wählen,  dieses Mal nicht mehr. Zu groß scheint mir ihre Bereitschaft, auch die gewalttätige Auseinandersetzung mit der AfD zu unterstützen, jedenfalls nicht geringer als die Bereitschaft der Rechten, auch Gewalt gegen links zu unterstützen. Sie fühlen sich in ihrem Hass aufeinander gleichermaßen  im Recht, obwohl der Hass seine Schärfe daraus bezieht, dass sie ähnlich illiberal strukturiert sind.
Damit ist jetzt klar, dass ich guten Gewissens nur noch die FDP wählen kann oder eine Alternative, die sowohl das Rentenproblem ähnlich sieht wie die Linkspartei, als auch den rosa Elefanten rational anerkennt, den die Linke total verleugnet und die AfD zum alleinigen Problem erklärt.
Diese aus meiner Sicht einzige anständige Alternative zur FDP werde ich im nächsten Blogbeitrag vorstellen, dem letzten vor der Sommerpause.

10 Kommentare zu „Viel Beifall für die Linke“

  1. Du bist doch sozial, was willst Du mit der Fdp? Die würden nichts bei den Armutsrentnern ändern, selbst wenn sie es könnten!!

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    1. Korrekt. Mein Problem war, dass ich die linken Parteien wg. ihrer hirnverbrannten und intoleranten Unterstützung für Merkels Grenzöffnung nicht mehr wählen konnte. Auf diesem Feld und unter den etablierten Parteien war mir die FDP erheblich lieber. Gleichzeitig hat mir ihre soziale Ignoranz Bauchweh verursacht.
      Meine Lösung war es letztlich, für die Freien Wähler Wahlkampf zu machen und sie dann natürlich auch zu wählen:
      https://hintermbusch.wordpress.com/2017/08/12/bundesweit-keine-bessere-csu/
      Die Freien Wähler sind eine bürgerliche und freiheitsliebende Gruppierung, haben aber auch einen Sinn für die soziale Frage.

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      1. Ich habe einfach Du gesagt, hoffe- passt! Kenne die Freien bei uns nur am Rande, der Stadtbürgermeister ist von denen, in Bayern sind die anders als in RLP! Die LInken/Grünen denken an Mindestrenten, aber: Wer die ganez Welt holen will, kann den armen Europäer die Mindestversorgung nicht mehr garantieren!Bist Du für eine steuerfinanzierte Mindestrente? Siehst Du Probleme in der Hartz-4-Verwaltung- hast Du darüber schon geschrieben?

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      2. @anton
        Das Grundproblem in der globalisierten Wirtschaft ist das Lohndumping, das vor allem diejenigen trifft, deren Arbeit austauschbar ist, weil sie zum Beispiel weder an eine Sprache noch an nationale Besonderheiten gekoppelt ist. Ohne eigenes Verschulden können Berufstätige in diesen Berufen in den (ehemaligen) Industriestaaten praktisch nicht mehr existieren und auch keine Rentenansprüche mehr aufbauen.
        Auf Dauer gibt es dafür auch keine steuerfinanzierten Lösungen. Deutschland konnte sich das bisher noch leisten, weil es mit seiner verlängerten, billigen Werkbank und Wanderarbeitern in Osteuropa länger durchhält als andere Länder. Aber das ist nur eine Frage der Zeit. Auch Deutschland wird nach und nach den Weg der USA und Englands gehen, wo die totale Verarmung breiter Schichten längst Realität ist.
        Der Prozess ist ohne Ausbruch aus der Billiglogik der globalen Wirtschaft nicht zu beenden. Dieser Ausbruch wird dadurch stattfinden, dass einzelne Länder in den Protektionismus flüchten und Zölle einführen, um ihre Wirtschaft und auch die Arbeitnehmer zu schützen. Wenn das um sich greift, wird der bisherige Exportweltmeister Deutschland der letzte Dominostein sein, der dann umso tiefer fällt: Exportmärkte weg, Guthaben aus kreditfinanzierten Exporten kaputt, Arbeitslosigkeit hoch, steuerfinanzierte Transfers unbezahlbar.
        Mir ist völlig klar, dass Parteien wie die FDP das nicht sehen, sondern an den internationalen Freihandel glauben. Aber wenigstens wollen sie die Meinungsfreiheit des Einzelnen nicht einschränken, auch nicht sein Recht, wirtschaftliche Lösungen zu suchen. Sie wollen ihn nicht zwingen, staatlich administrierte Preise mit Garantieprofiten wie zum Beispiel im Strommarkt zu zahlen, obwohl sein eigenes Einkommen prekär geworden ist: 300000 Menschen wurde in Deutschland der Strom abgestellt, weil sie die absurden Preise nicht mehr bezahlen konnten. Die liberale Kurzsichtigkeit ist deshalb immer noch oft das kleinere Übel als die Zwangsjacke, mit der Linke oder Konservative ein Wirtschaftssystem erhalten wollen, das sie gar nicht verstanden haben. Wenn das globalisierte Wirtschaftssystem zerbricht, brauchen wir in Deutschland jedes Quäntchen Liberalismus und Wirtschaftsverständnis, um wieder eine neue Wirtschaft in Gang zu bringen. Wenn es bis dahin nur noch linke und konservative Politik und Bürokratie gibt, werden sie uns mit ihrer Regelgläubigkeit regelrecht erdrosseln, im besten Glauben, nur das Gute zu wollen. Deshalb ist die FDP trotz allem wichtig, und steuerfinanzierte Umverteilung keine Lösung: wir befinden uns in keinem Gleichgewicht das wir erhalten könnten, sondern in einem Rennen nach unten, das alle verlieren werden. So sehe ich das.

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  2. Was ist der Sozialstaat? Bei Renten-, Kranken-, Arbeitslosenversicherungen sprechen wir von Versicherungen: Beiträge gegen Leistung im Schadensfall, keine staatlichen Almosen. Ich bin für die Erhaltung dieser Versicherungen und das Recht auf die erworbenen Leistungen, ganz klar. Deshalb bin ich strikt dagegen, dass die Politik versicherungsfremde Leistungen aus diesen Töpfen bezahlt und damit gesetzlich Versicherte einseitig belastet. Leider wird dieses Problem politisch von kaum jemandem angesprochen.
    Andererseits bin ich auch dafür, weitergehende Ansprüche an den Staat zurückzuschneiden. Die Gesellschaft ist nicht verpflichtet, wachsende Ansprüche von Lobbygruppen zu befriedigen. Letztendlich kommt alles Einkommen aus irgendwelcher Arbeit und nicht vom Staat.
    Unter dem Strich bin ich weder für noch gegen den Sozialstaat: es kommt darauf an. Man könnte auch sagen, ich bin für einen knausrigen Sozialstaat.

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    1. Sie machen es sich zu einfach, Anton. Ich liege mit der FDP sozialpolitisch nicht auf einer Linie, aber durch das Totalversagen der Linken bei Migration, Energie etc. bin ich aktuell gezwungen, das zu ignorieren.
      Die Lösung liegt, wie bereits gesagt, nicht in staatlicher Umverteilung, sondern in höheren Löhnen für die unteren Lohngruppen. Genau das fordert aktuell Olaf Scholz:
      http://www.zeit.de/wirtschaft/2017-11/spd-olaf-scholz-mindestlohn-anheben
      Wenn Scholz die SPD entsprechend auf Kurs bringt und die Lifestyle-Linken glaubwürdig aus der Partei vertreibt, wähle ich schon in einem Jahr gerne wieder SPD.

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  3. hinterm: Ihc habe gegen niemanden etwas, habe gar nicht so ausufernd über ihre Person nachgedacht, sorry! Auch ich wäre für einen höheren Mindestlohn, dieser sollte aber eher von einer Kommission, nicht der Politik bestimmt werden! Ich bin sogar dafür, Langzeitarbeitslose Personen, gerade in schwierigen Fällen, arbeiten zu lassen, sehe mehr Sinn darin als in den Sinnlosmaßnahmen! Was ist aber mit Personen, die sich um Arbeit bemühen, aber keine finden, z.B. langzeitarbeitslsoe Schwerbehinderte, da bin ich für intelligente Arbeitsprogramme, noch ein 3 Monatskurs ohne Sinn ist nicht die Lösung! Sie reden dauernd über Migration, es ist ein Unding, dass abglehehnte Flüchtlinge nicht meist wieder ausgeschafft werden, klar! Sehen Sie den Unterschied Spanier-Afghanen? Kulturell eindeutig!!Ich bleibe dabei, es darf keine Altersarmut oder Wohnsitzlosigkeit geben. Wie stehen Sie zu den Beamtenpensionen, da muss meiner Ansicht nach etwas passieren!

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