Es geht um Deutschland

Emmanuel Todd sieht Deutschland als den Großen Preis des Krieges in der Ukraine und Europa in tiefer Verwirrung.
Im Interview mit der Weltwoche hat er die Ursachen des Krieges, den Einsatz und die Folgen analysiert: ein Weltkrieg.
Dieser Blogbeitrag vergleicht seine heutigen mit früheren Aussagen Emmanuel Todds und den eigenen Veröffentlichungen.

Wegen der irrwitzig-absurden Corona-Politik blieb 3 Jahre lang kaum noch Zeit für die Ideen und Veröffentlichungen von Emmanuel Todd. Ich habe auch immer wieder nach seinen Äußerungen gesucht, aber nichts gefunden. Die Hintergründe offenbart er selbst in seinem jüngsten Interview, ausgerechnet und exklusiv in einer deutschsprachigen Zeitung:

Dieses Interview hat es nun wirklich in sich: Todd schwimmt mal wieder komplett gegen den Strom der veröffentlichen Meinung, er korrigiert in einigen wichtigen Punkten seine früheren Einschätzungen und bestätigt einige von denen, die ich in der Zwischenzeit hier auf dem Blog veröffentlicht habe.

Bei der Weltwoche registrieren und selbst lesen

Zunächst einmal empfehle ich jedem Selberdenker, den Text des n.m.E. brillanten Historikers, Demografen und Sozialanthropologen selbst und ohne Interpreten bei der Weltwoche zu lesen und zu bedenken.
Diese lesenswerte Schweizer Zeitung bietet die Möglichkeit, sich direkt unter dem Artikel zu registrieren und dann bis zu 5 kostenpflichtige Artikel kostenlos zu lesen. Dieses exklusiv auf Deutsch gegebene Interview ist es wert, einer der fünf Beiträge zu sein.
Man findet das Interview darüberhinaus auch als PDF im Netz, wenn man das nicht will oder seine 5 kostenlosen Beiträge bereits verbraucht hat.

Inhalte und Abgleich

Ich stelle hier eine kleine Liste von Inhalten zusammen und gleiche sie mit früheren Blogbeiträgen von mir ab, die ich mit oder ohne Inhalte meines Lieblingssozialwissenschaftlers Emmanuel Todd geschrieben habe:

Interview exklusiv auf Deutsch

Todd berichtet, dass er sich in Frankreich und auf Französisch nicht zum Ukraine-Krieg geäußert hat:
„Frankreich spielt in diesem Krieg keine Rolle. Sein Gewicht ist null. Macron redet, Macron reist – alle lachen über Macron. Er ist nicht der Schlimmste, denn er ist bei weitem nicht der Russenfeindlichste“
„Mir ist sehr wohl bewusst, dass ich völlig anders denke und fühle als meine Zeitgenossen. Darum habe ich mich nicht mehr geäußert“
„Ihnen gebe ich das erste Interview, denn Sie schreiben auf Deutsch. In diesem Krieg geht es um Deutschland
Außerdem habe er in Japan einen Bestseller zum Ukraine-Krieg veröffentlicht, weshalb er gerade dort unterwegs war.

Mitgefühl mit den Deutschen

Ich habe sehr viel Mitgefühl mit den Deutschen…
Deutschland ist ein Land, das sich vom Krieg losgesagt hat. Ein Land praktisch ohne Armee. Das so wenig Kinder zeugt, dass seine hauptsächlichste Sorge darin besteht, Arbeitskräfte für die Erhaltung seiner Industrie ins Land zu holen…
Deutschland hingegen hat seine Industrie aufrechterhalten. Es interessiert sich nur für die Wirtschaft. Seine Logik war: Russland liefert Gas, unsere beiden Länder sind komplementär. Und seit 1945 sorgt Amerika in einer Welt, für die wir keine Bedrohung mehr sein wollen, für unsere Sicherheit. Aus dieser durch und durch rationalen Überlegung heraus entstand das Projekt Nord Stream. Es ging darum, die von der Ukraine und Polen erhobenen Abgaben zu umgehen. Deutschlands Tragödie besteht darin, dass es noch immer daran glaubte, von den Vereinigten Staaten beschützt zu werden

Ich habe bereits früher darauf hingewiesen, dass Todd keineswegs germanophob ist, nur kritisch bezüglich der Schattenseiten deutscher Tugenden.

Amerika als Gegner Deutschlands

Im Interview fährt er fort:
„Zbigniew Brzezinski hatte nach dem Zusammenbruch der Sowjetunion in «Die einzige Weltmacht» Eurasien als neues «großes Schachbrett» der Weltpolitik bezeichnet. Die russischen Nationalisten und Ideologen wie Alexander Dugin träumen tatsächlich von Eurasien. Auf diesem «Schachbrett» muss Amerika seine Vorherrschaft verteidigen – das ist die Doktrin Brzezinskis. Also die Annäherung von Russland und China verhindern. Die Finanzkrise von 2008 hat deutlich gemacht, dass Deutschland mit der Wiedervereinigung zur führenden Macht in Europa wurde und damit auch ein Rivale der USA. Bis 1989 war es politisch ein Zwerg. Nun ließ Berlin seine Bereitschaft erkennen, sich mit den Russen einzulassen. Der Kampf gegen diese Annäherung wurde zu einer Priorität der amerikanischen Strategie. Dass sie das Gasabkommen torpedieren wollten, hatten die USA stets deutlich gesagt. Der Ausbau der Nato in Osteuropa war nicht in erster Linie gegen Russland gerichtet, sondern gegen Deutschland.
Deutschland, das seine Sicherheit Amerika anvertraut hatte, wurde zur Zielscheibe der Amerikaner. Ich empfinde sehr viel Mitgefühl für Deutschland. Es leidet an diesem Trauma des Verrats durch den beschützenden Freund – der 1945 auch ein Befreier war“

Die Möglichkeit, dass es genau so kommen könnte, hatte Todd bereits 2014 ziemlich genau und treffsicher skizziert:
„Man muss also etwas ganz Anderes ins Auge fassen für die kommenden 20 Jahre als den Ost-West-Konflikt: der Machtzuwachs des deutschen Systems legt nahe, dass die USA und Deutschland auf einen Konflikt zulaufen. Das entspricht einer intrinsischen Logik, die auf den Kräfteverhältnissen und der Dominanz basiert. Es ist nach meiner Meinung unrealistisch, sich ein friedliches Einverständnis für die Zukunft vorzustellen

Ursache des Krieges

„Der Westen hat Russland provoziert. Der amerikanische Politologe John Mearsheimer hat nüchtern festgehalten, dass die Zusammenarbeit der Briten und Amerikaner mit seiner Armee die Ukraine faktisch zum Nato-Mitglied machte. Sie wurde aufgerüstet, um Russland anzugreifen. Putins Angriff war eine defensive Invasion. Er hatte diese Reaktion angekündigt und mit Krieg gedroht…
Mearsheimer argumentierte, dass die Ukraine für Russland von
existenzieller Wichtigkeit sei. Den Sieg Putins hielt er für eine Gewissheit. Er dachte aber auch, dass die USA die Ukraine aufgeben würden. In diesem zweiten Punkt irrte er sich. Dieser Krieg ist auch für sie von existenzieller Wichtigkeit: Falls Russland gewinnt, bricht das imperiale System der Vereinigten Staaten zusammen. Ihre Verschuldung ist phänomenal. Zur Erhaltung ihres Wohlstands sind die USA auf den Tribut der anderen Länder angewiesen“

„Ich leide wegen der Ukraine, es ist schrecklich, was ihr angetan wird. Sie war nie wirklich das Problem. Am Anfang ging es darum, die europäische Wiedervereinigung unter deutscher Vorherrschaft zu vereiteln. Die geostrategischen Beziehungen belegen es. Die Wahrheit der Nato sieht so aus: Sie besteht aus der Achse Washington–London–Warschau–Kiew. Deutschland und Frankreich sind ihre Juniorpartner, mit ihrer vorherrschenden Stellung in Europa ist es vorbei. Die Polen und die Ukrainer beschimpfen und beleidigen permanent die Deutschen. Für sie ist das unerträglich. Die Macht, die sie zu beschützen vorgab, hat nichts unversucht gelassen, um die vorherrschende Stellung Deutschlands in Europa zu zerschlagen. Deutschland befindet sich in einer Lage, die es in kognitiver Hinsicht überfordert“

Weltwoche: Was sagt die Demografie über die Ukraine aus?
Todd:
Es hat seit 2001 keine Volkszählung gegeben. Die Bevölkerung nimmt rapide ab. Welche Regionen sind betroffen, wer ist ausgewandert, wer ist geblieben? Man weiß es nicht. Heute wird das Land als angehende Demokratie verklärt. Zu Beginn des Kriegs war es ein failed state und völlig korrupt. Die Ukraine wird fremdfinanziert, sie ist kein klassischer Staat mehr. Das wenige, was ich weiß: Das Land ist fähig, Krieg zu führen. Aber ich habe keine Ahnung, wie es funktioniert. Kaum war es befreit, weigerte es sich, die Kontrolle über die russischen Gebiete abzugeben. Das ist ein bekanntes Verhalten, diesen Fall hat es zwischen den Weltkriegen mehrfach gegeben. Der Anspruch der Ukraine, zwei relativ kleine Regionen gegen deren Willen und jenen des zehnmal mächtigeren Nachbarn Russland behalten zu wollen, ist nicht vernünftig. Er ist absurd. Russland verlangte Garantien für seine Sicherheit. Und es forderte für die russischen Bevölkerungen im Donbass und auf der Krim, die wirklich russisch sind, ein Leben, das ihre kulturelle Autonomie respektiert. Dieser Krieg hätte nicht ausbrechen dürfen. Wie alle Kriege.“

Wer hat Nordstream gesprengt?

„Natürlich die Amerikaner. Aber das ist völlig unwichtig. Es ist normal“

„Die Deutschen wollten nicht in den Krieg. Scholz, der mir ein sehr vernünftiger Mensch zu sein scheint, wurde kritisiert, weil er sich nicht engagieren wollte. Krieg ist grauenhaft, scheußlich, ekelhaft, schrecklich.
Die Deutschen wissen nur zu genau, dass Nord Stream von den Amerikanern
zerstört wurde. Durch eine gemeinsame militärische Aktion der Amerikaner,
Briten und Polen. Gegen Deutschland. Aber sie können es nicht sagen. In Tat
und Wahrheit sind die Deutschen von den Amerikanern angegriffen worden.
Man wollte sie vom russischen Gas abkoppeln“

Das ist natürlich die rationalste Erklärung und sie ist sehr gut bestätigt:

Todd hält es für faszinierend, dass Gesellschaften so verwirrt sein können, dass sie etwas Anderes glauben:
„Wichtig ist die Frage: Wie kann eine Gesellschaft glauben, dass es die Russen
gewesen sein könnten? Wir haben es hier mit einer Umkehrung der
möglichen Realität zu tun. Das ist viel schlimmer. Das Studium einer solchen
Gesellschaft ist faszinierend. Darüber schreibe ich jetzt ein Buch. Es wird
mein letztes sein. Meine Tätigkeit als Autor begann mit dem Essay über den
Zusammenbruch der Sowjetunion. Ich will sie mit einem Werk der Vernunft
über den dritten Weltkrieg abschließen“

Der Westen, Europa und Deutschland sind verwirrt

„Der Westen hat die Russen völlig unterschätzt, sein intellektuelles Defizit ist erschreckend“

„Das Verhalten des Westens ist für mich ein einziges Rätsel…
Die Zeitungen erzählen uns, wie die Russen auf Gefängnisse schießen, die sie besetzt haben. Dass sie Atomkraftwerke beschießen, die sie vor Ort kontrollieren. Dass sie Pipelines in die Luft jagen, die sie selber gebaut haben“

Die Europäer schwadronieren von Frieden und der Verbreitung ihrer humanistischen Werte ohne Armee. Das geopolitische Denken ist ihnen abhandengekommen. Zwischen der offensiven Strategie der Amerikaner und der defensiven Strategie der Russen befinden sich die Europäer in einem atemberaubenden Zustand der geistigen Verwirrung. Das gilt ganz besonders für Deutschland“

„Einerseits ist das Zusammenspannen der chinesischen und deutschen Wirtschaft vernünftig. Und weil China langfristig ein Verbündeter der Russen bleiben wird, bedeutet es auch, dass Deutschland nicht vollständig im westlichen Lager aufgeht. Gleichzeitig wird diese provozierende Reise nach China durch die Anerkennung des Holodomor als Genozid kompensiert. Das ist grotesk. Im Kontext eines beginnenden dritten Weltkriegs will das deutsche Parlament darüber bestimmen, was ein Genozid ist und was nicht. Die Deutschen sind sich der Tragweite dieses Schritts nicht bewusst. Sie setzen damit den Holodomor – der, nebenbei gesagt, proportional weniger Tote forderte als die Große Hungersnot in Irland – auf eine Stufe mit der Shoah. Mit ein bisschen Boshaftigkeit könnte man die Abstimmung im Bundestag als antisemitisch bezeichnen. Dass sie Auschwitz relativiert. In diesem Krieg hat man den Eindruck, als wolle die Welt Deutschland in den Wahnsinn treiben“

„Allerdings wünschte ich mir, dass die Deutschen begreifen würden: Die Seite des Guten, auf der sie stehen möchten, ist diesmal nicht jene der Vereinigten Staaten. Das Gute bedeutet: diesen Krieg beenden. Aber als Historiker analysiere ich ihn ohne Sentimentalität“

„Die Deutschen tun so, als würden sie zum Westen gehören. Auch das ist Teil ihrer Neurose. Durch den Krieg ist die führende europäische Wirtschaftsmacht wieder zu einem verängstigten, bevormundeten Protektorat geworden. Aber ich kann die Deutschen sehr wohl verstehen. Auch mich hat dieser Krieg in eine tiefe Sinnkrise gestürzt…
Ich dachte immer, wir, die Franzosen, seien Dummköpfe. Und ich tröstete mich mit England, wo drei meiner Enkel leben. Ich habe in Cambridge studiert, es ist meine geistige Heimat. Aber heute ist England ein verwirrtes Land im Untergang. Seine Presse und seine Regierung frönen einem Kriegsdelirium, wie es nicht einmal in Deutschland zu beobachten ist.
Bei allem, was ich in den letzten Jahrzehnten geschrieben habe, auch zum
Irakkrieg: Nie habe ich die Engländer auch nur mit einem einzigen Wort
kritisiert. Jetzt bringen sie mich zur Verzweiflung“

Das ist allerdings nachvollziehbar. Seine Bewunderung für England war enorm und hat sich als übertrieben bis unbegründet herausgestellt: Die Brexit-Hoffnungen liegen in Trümmern, sind fast schon vergessen. Der Ukraine-Krieg scheint als einzige Hoffnung auf Größe übrig zu sein.

Amerikaner und Russen denken rational und brutal

Weltwoche: Der Realitätsverlust unterscheidet Europa von den Russen?
Todd:
Auch von den Amerikanern, die sehr wohl wissen, was sie tun. Ihre Vorstellung von Macht ist klar und zynisch. Zur Durchsetzung ihrer Interessen haben sie immer wieder Kriege geführt – auch angezettelt. Sie können Putin sehr wohl verstehen. Auch die Russen sprechen von Machtverhältnissen, aber ihre Sprache ist defensiv

„Was in Russland passiert, ist mir völlig klar. Ich verstehe Putins Denken und Handeln und kann es in drei Minuten erklären. Die Russen sind brutal und rational, sogar ihre Lügen sind quasi vernünftig“

Mir war sehr früh aufgefallen, dass Russen und Amerikaner bei den nackten Fakten über den Krieg übereinstimmen.

Wie geht es weiter?

Mit Weltkriegen ist es immer dasselbe: Es kommt völlig anders, als man denkt. Beim Ausbruch des Ersten Weltkriegs waren alle überzeugt, dass er sehr schnell vorbei sein würde. 1940 galt die Maginot-Linie als unüberwindbar und Frankreichs Armee als stärkste der Welt. Diesmal herrschte die Vorstellung von den übermächtigen Russen. Völlig unerwarteterweise hat die ukrainische Armee dem Angriff standgehalten –dank der Unterstützung. Die Sanktionen wurden in der Überzeugung erlassen, dass sie Russland in die Knie zwingen würden. Aber seine Wirtschaft ist nicht zusammengebrochen. Kein Mensch kann das erklären. Das Bruttosozialprodukt von Russland – Belarus inbegriffen – beträgt 3,3 Prozent des gesamten Bruttosozialprodukts des Westens. Gegenüber dem Dollar hat der Rubel seit Ausbruch des Kriegs um 23 Prozent zugelegt, 36 Prozent gegenüber dem Euro. Inzwischen stellt sich nicht mehr die Frage, ob die russische Wirtschaft widerstehen kann. Sondern die europäische“

„Auf beiden Seiten kommen zusehends weniger hochentwickelte Waffen zum Einsatz, man kann nicht abschätzen, welche Seite zuerst aufgeben wird. Der Krieg macht das fundamentale Problem der Amerikaner bewusst: Es fehlt ihnen an Ingenieuren. In den USA werden 7 Prozent der Studenten zu Ingenieuren ausgebildet. In Russland sind es 25 Prozent“
Weltwoche: Bei einem vergleichbaren intellektuellen Niveau?
Todd:
„Es ist in Russland zweifellos höher. Die Amerikaner kompensieren ihr Defizit mit der Einwanderung. Die Hälfte der amerikanischen Wissenschaftler und Ingenieure kam außerhalb des Landes zur Welt. Es handelt sich vor allem um Inder und Chinesen. Man kann sich ausrechnen, was passiert, falls China die Auswanderung seiner Studenten verbietet. Die Waffenindustrie ist auf Ingenieure angewiesen. Auch eine moderne Armee besteht aus Ingenieuren. Ich habe Putins Texte gelesen. Er weiß um die Schwäche der Amerikaner und die Deindustrialisierung. Ihm ist bewusst, dass ihre Wirtschaft zum Teil auf fiktiven Werten beruht und sie ihren Wohlstand der Notenpresse verdanken. Deshalb hat er es gewagt, sie anzugreifen. Ich habe keine Ahnung, wie es sich mit dem gegenwärtigen Kräfteverhältnis verhält. Die Nato ist dabei, ihre Bestände zu verbrauchen. Russland genauso. Trotz seines lächerlich kleinen Bruttosozialprodukts ist es in der Lage, den Amerikanern zu widerstehen“

Weltwoche: Putin und die Russen sind intelligenter?
Todd:
„Ihre Strategie setzt auf die «longue durée» des amerikanischen Niedergangs. Amerika kompensiert ihn mit dem Druck auf seine alten Protektorate. Die Kontrolle über Europa – vor allem Deutschland – und Japan ist zu seiner Priorität geworden. Gegen seinen Krieg im Irak hatten Chirac, Schröder und Putin an einer gemeinsamen Pressekonferenz protestiert. Seither hat Amerika das erreicht, was man auf Deutsch die «Gleichschaltung» Europas nennt. Der Rest der Welt aber hält es mit Russland. Als es kommunistisch war, verbreitete es Angst und Schrecken. Es war atheistisch, imperialistisch. Heute steht Russland für eine konservative Weltsicht und verteidigt die Souveränität der Völker und Nationen, die alle ein Recht auf Existenz haben“

Weltwoche: Und jetzt ist es ein Weltkrieg.
Todd:
„Wenn Russland überlebt, den Donbass und die Krim behält, wenn seine Wirtschaft weiterhin funktioniert und es seine Handelsbeziehungen neu gestalten kann, mit China und Indien – dann hat Amerika den Krieg verloren. Und in der Folge wird es seine Alliierten verlieren. Deshalb werden Amerika und die Nato weitermachen. Und darum handelt es sich um einen Weltkrieg, der andauern wird. Seine hauptsächlichste Ursache ist die Krise des Westens“

„Der Westen hat seine Werte verloren und befindet sich in einer Spirale der Selbstzerstörung. Europa gerät wieder unter die amerikanische Herrschaft. Wegen seiner schwachen Demografie wird nicht China die Welt beherrschen, sondern Indien zur Supermacht aufsteigen. Russland ist im Begriff, sich als kulturell konservative, in technischer Hinsicht fortschrittliche Großmacht neu zu bestimmen. Doch obwohl es die traditionellen Werte der Familie verteidigt und die LGBT-Bewegung bekämpft, wird seine Geburtenrate nicht besser. Das bedeutet, dass es bereits in der gleichen metaphysischen Krise steckt wie der Westen“

Über die indische Stärke und Strategie habe ich im Juni 2022 einen Beitrag geschrieben, der damit voll kompatibel ist.

Eine Warnung zum Schluss

„In der Ukraine führen sie gegeneinander Krieg. Wenn er nicht gestoppt wird, werden ihn alle verlieren“

Nachtrag 15.1.2023
Am 12.1. hat auch der Figaro ein Interview mit Emmanuel Todd veröffentlicht.
Mathias Bröckers hat Auszüge auf dem Umweg über das Englische auf Deutsch gebracht.
Wer lieber die englische Zusammenfassung von Arnaud Bertrand liest, findet sie hier:

und hier.

10 Kommentare zu „Es geht um Deutschland“

  1. Vielen Dank für diesen Text, den man sich schon gern mehrmals durchlesen und durchdenken sollte. Die „Weltwoche“ kenne ich seit meiner Studienzeit, lang lang ists her, und habe sie vor ein paar Monaten erneut entdeckt: Sie ist „ausgeschlafen, kritisch, gut gelaunt“

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  2. Für mich ist eine völlig neue Nachdenkseite aufgeschlagen worden. Diese Art der Betrachtung der vergangenen Jahrzehnte ist für mich ein quasi politisches Waterloo. Danke für diesen Artikel und die Horizonterweiterung.

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  3. Noch aus ‚NSU‘-Zeiten ist mir ein ‚Hinterm Busch‘ bekannt. Leider stelle ich keinerlei Weiterentwicklung in der Erkenntnis fest-ähnlich wie bei so vielen, die man las-stehengeblieben, hängen geblieben auf ihren jeweiligen ihnen gut und genehm erscheinenden ideologischen Mustern (egal ob nun ‚Rinks‘ oder ‚Lechts‘ bzw., irgendwo dazwischen).
    Bestes Beispiel, dieser oberflächliche Desinfo-Bullshit-Nonsens dieses französischen ‚Historikers‘ in einer Schweizer Mainstream-Gazette!
    Was eine Farce, diesen vernebelnden, verwischenden Mist als brilliant und was noch immer zu proklamieren…
    Ich stelle jetzt einen von Axel Krauss übersetzten Artikel von Riley Waggaman ein, der dieses ganze ‚Ost’/’West‘-Szenario, wessen sich auch der gehypte E. Todd bewusst! bedient ad absurdum führt :

    https://axelkra.us/sie-haben-oligarchen-wir-haben-sozial-verantwortliche-unternehmer-riley-waggaman/

    Es ist auch gleichzeitig eine Dekonstruktion eines bekannten deutschen Kreml-Propagandisten und selbiger, die im gleichen Fahrwasser die Leute irreführen!
    Aus dem Artikel, die entscheidende Passage-bitte GENAU lesen und VERSTEHEN:

    Es scheint angebracht, an die prophetischen Worte des ermordeten Lugansker Rebellenkommandanten Aleksey Mozgovoy zu erinnern:

    Ich möchte an alle appellieren, die kämpfen – auf beiden Seiten. Die Menschen auf beiden Seiten kämpfen gegen die Oligarchie. Aber irgendwie bringen wir uns nur gegenseitig um, uns selbst. So begehen wir eine Art langsamen Selbstmord. Die „Gladiatoren“ müssen aus dem „Kolosseum“ ausbrechen. Stattdessen wird ein neues Kolosseum organisiert. Wir begraben uns selbst. Brauchen wir das alles? Krieg um des Krieges willen? Das ist dumm. Weiß noch jemand, warum wir rebelliert haben? Ist es nicht klar, dass diejenigen, gegen die wir uns aufgelehnt haben, jetzt über uns herrschen? Für beide Seiten. Ist es nicht an der Zeit, dass wir zur Vernunft kommen, meine Herren Militärs? Sonst wird es keinen einzigen von uns mehr geben. Und die, gegen die wir kämpfen sollten, werden weiterleben. Ohne Probleme. Und alles wird so sein, wie es vorher war.

    Essenz:
    !!!auf beiden Seiten!!! – !!!Für beide Seiten!!!
    Und ich erweitere es-denn, es ist universell-!!!auf allen Seiten!!!
    DENN, WER sind denn die Präsidenten/Oligarchen-nicht nur in Ru/Ukr?, NEIN, auch überall anderswo! Forscht nach. Es sind die ‚Auserwählten‘ (Genealogie bringt es ans Licht) oder deren hochbezahlte korrumpierte Puppets.
    Und ja, es ist mehr als dumm, mit all diesem von diesen Betrügern, Lügnern, Mördern und Verderbern vorgegebenen Bullshit ‚Ost-West‘, ‚Demokratie‘, ‚Liberalität‘, ‚Diversizität’usw.usf., EGAL WAS, denn IHNEN gehören ALLE Medien (und auch sonst alle Organisationen), sich ablenken und beschäftigen zu lassen.
    Lest rein, WAS in ‚Russland‘ hinter den Kulissen WIRKLICH geschieht-und ja-sie sind uns in der WEF-Agenda teils schon voraus!
    Übersetzt euch die Artikel dort:
    edwardslavsquat.substack.com/
    Beste Grüsse…

    Gefällt 1 Person

  4. Ich habe dir zu danken, @hintermbusch!
    Das zeugt von wirklicher Größe und einem offenen Geist-trotz meiner direkten, ungeschönten Wortwahl-den Kommentar überhaupt unzensiert und unverstümmelt freizuschalten.

    „Natürlich haben wir es überall mit Oligarchien zu tun.“

    Das greift natürlich leider so verallgemeinernd viel zu kurz.
    …[vom Blogmaster gekürzt]
    Von der ‚Weltwoche‘ und irgendwelchen ‚Historikern‘ wirst du dich danach-lieber WISSEN wollender Leser NIE wieder einseifen lassen 😉 .

    Nochmals, vielen Dank und beste Grüsse!

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    1. „Das greift natürlich leider so verallgemeinernd viel zu kurz“
      Mir reicht es in dieser Allgemeinheit aus.
      Ich habe den Kommentar gekürzt, auch um einige Links.
      Nicht alle Ansichten, die ich lese, will ich auf meinem Blog stehen haben, aber ich behalte sie in meinem Hinterkopf. Die Gedanken sind frei, aber die Meinung ist es nicht ganz.
      „Von der ‚Weltwoche‘ und irgendwelchen ‚Historikern‘ wirst du dich danach-lieber WISSEN wollender Leser NIE wieder einseifen lassen“
      Von Einseifen kann keine Rede sein. Die ‚Weltwoche‘ ist in vielem keine schlechte Zeitung. Emmanuel Todds Interpretationen der Geschichte schätze ich als Bereicherung, nicht als Offenbarung.

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      1. Andererseits-wer liest schon heut begreifend verstehend mehr wie 5-10 Zeilen…in Social Media, TeleGram-Zeiten?
        Gefühlt war die sogenannte Wahrheitsbewegung vor etlichen Jahren mal viel weiter-ok, was ein naiver Trugschluss?

        Es ist leider so-SIE bespaßen uns ja auch mit ihrem Hollywoood-Filmchen seit Jahr und Tag-es ist alles eine riesige TheaterKinoKomödie…, leider mit echten Toten, gefolterten, Verletzten, Entrechteten und Abgezockten…, die immer WIR in den Hauptrollen spielen ‚dürfen‘.
        Auch die Weltwoche aus dem ‚Land der Pharaonen‘ (schau dir die ‚Schweizer‘ Friedhöfe und all die Symbole, Obelisken dort an 😉 ) hat ihren Auftrag-Roger Köppel ist Hochgradfreimaurer…zufällig *LOL*.
        Tja…und der ‚gute‘ Emmanuel Todd…
        Nun weißt du auch, es ist keine Zauberei, wenn so eine Figur dann als Bonmot den ‚Zusammenbruch‘ der Sowjetunion mal „vorhersagen“ konnte ;D .

        Beste Grüße und viel Glück-wir werden es brauchen-verdient haben wir es nicht…, in der Masse versagt, leider…
        Cheers!

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      2. „Andererseits-wer liest schon heut begreifend verstehend mehr wie 5-10 Zeilen…in Social Media, TeleGram-Zeiten?“
        Eben. Ich schlage mich schriftlich und auch mündlich täglich mit Menschen herum, die nicht verstehen wollen, dass sich die „Corona-Krise“ zu mind. 2/3 rein in Medien abgespielt hat und zu 1/3 eine mittelschwere Grippe war – bis die Impfung kam. Was soll ich denen noch erzählen, bevor sie mich einsperren oder auf einem Scheiterhaufen verbrennen?
        „Gefühlt war die sogenannte Wahrheitsbewegung vor etlichen Jahren mal viel weiter-ok, was ein naiver Trugschluss?“
        Vieles wurde dekonstruiert. Auf solche Erfolge folgt i.d.R. eine Unterwanderung durch Bullshit, der dann auch die Erfolge diskreditiert. Je mehr Erfolge, umso vorsichtiger müsste eine solche Bewegung werden, stiller, sachter, langsamer. Das Gegenteil ist zu beobachten und das ist natürlich nicht nur Zufall: es wird immer lauter und schriller.
        „Es ist leider so-SIE bespaßen uns ja auch mit ihrem Hollywoood-Filmchen seit Jahr und Tag-es ist alles eine riesige TheaterKinoKomödie“
        Richtig, aber viele merken das nicht. Sie erkennen einen Hollywood-Plot noch nicht einmal wieder und jubeln dem Protagonisten eine Weile zu, ohne zu fragen, wie realistisch das Ziel wirklich ist:

        Hollywood mit Reiner und Ken


        Dann wundern sie sich, wenn es nicht erreicht wird. Was soll man dagegen machen?
        Intellektuell Amok laufen und auf eine Gruppe zeigen, die oft mehr versteht als andere, im Ernst?
        „Auch die Weltwoche… hat ihren Auftrag-Roger Köppel ist Hochgradfreimaurer…zufällig“
        Vielleicht. Das schließt aber gerade nicht aus, dass es sinnvoll ist, seine Kommentare zu kennen. Und er hat eine Langfristigkeit in seinen Aussagen, die ihn aus der Masse heraushebt. Beispielsweise hat er schon als Chefredakteur in Berlin Punkte geltend gemacht, die sich seither bewahrheitet haben und an denen er festhält. Das hat seinen Wert und seine Grenzen. Was sonst könnte man erwarten? Etwa einen Komplettausstieg aus einem Kontext aus Personen und Ideen, die nun einmal da sind?
        „Nun weißt du auch, es ist keine Zauberei, wenn so eine Figur dann als Bonmot den ‚Zusammenbruch‘ der Sowjetunion mal ‚vorhersagen‘ konnte“
        Der Gedanke ist mir nicht fremd. Und ich kenne im realen Leben eine Person, persönlich bekannt noch mit Peter Scholl-Latour, die mir schon einiges davon erzählt hat, was sie auch schon lange gehört hatte, bevor es dann kam, zB das Ende der SU. Und das nur, weil sie eine Sprache versteht, die PSL auch nicht fremd war. Er auch. Was folgt daraus? Hätte man ihn oder seine Bücher deshalb nicht zitieren sollen?
        Frage mit einem weiteren Autoren: Was ist Wahrheit?
        Todd, Köppel, PSL: diese Leute können etwas, das es lohnend macht, sie zu kennen und zu lesen.
        Auf eine gewisse Art, lernt man dabei etwas über die Vergangenheit, Gegenwart und eine mögliche Zukunft.
        Es bewegt sich tatsächlich derzeit sehr viel.
        „Ich habe wieder begonnen, Science-Fiction zu lesen, um mir das Gehirn zu schrubben und den Geist zu öffnen. Ich empfehle lebhaft eine Übung desselben Typs den Leuten, die uns regieren, die mit entschiedenem Schritt marschieren, ohne zu wissen, wohin sie gehen“

        Ein deutsch-amerikanischer Konflikt?


        Servus und vielleicht bis bald wieder!

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  5. Wie kommen wir aus der Nummer wieder raus? Oder wollen wir etwa einen 3. (!) Weltkrieg gegen Russland, in dessen Ergebnis Deutschland von der Landkarte verschwindet? D.h. wir allesamt von der Landkarte verschwinden?
    Wer will denn einen Atomkrieg frei Haus? Keiner. Warum reagiert dann keiner?
    Als einzige Lösung sehe ich, unserer Regierung friedlich zu kündigen, und zwar so:
    „Konsumverzicht in einer globalisierten Welt wird das System niemals in die Knie zwingen, sondern nur die Arbeitsverweigerung!“ Der Aufgewachte
    https://aufgewachter.wordpress.com/2014/05/08/konsumverzicht-in-einer-globalisierten-welt-wird-das-system-niemals-in-die-knie-zwingen-sondern-nur-die-arbeitsverweigerung/
    Und einen Friedensvertrag mit Russland machen.

    Gefällt 1 Person

    1. Der Gedanke ist nicht schlecht. Ich würde ihn aber noch weiter spinnen und die Arbeitskraft in eine Parallelwirtschaft investieren: weniger arbeiten, mehr selbermachen, mehr gebraucht kaufen oder tauschen, und dabei so weit wie möglich im legalen Bereich bleiben. Der Schlüssel liegt darin, horizontal und auf eigene Rechnung mit anderen Menschen zusammenzuarbeiten und zu tauschen, statt sich vertikal in ein (morsches) Wirtschaftssystem zu integrieren.
      Man muss so ein Konzept auch nicht zu 100% fahren, sondern kann bequem mit 20% beginnen.
      Nicht zu unterschätzen ist ein Nebeneffekt: wenn es stimmt, dass das Wirtschaftssystem gezielt an die Wand gefahren wird (WEF-VT), dann ist das Schattensystem bereits trainiert und droht damit, das alte zu ersetzen. Das ist eine massive Bedrohung für alle, die ihren Obolus aus dem vertikalen System herausschneiden: Logik der Abschreckung

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