Dumme Propaganda zum Wetter

Karsten Schwanke hat mitten in der Wettervorhersage unmotiviert einen CO2-Rekord verkündet, der sich jährlich wiederholt.
Statt großer Wissenschaft zeigt er mit billiger Propaganda die ganze Schwäche der CO2-Theorie.

Es ist wieder ein kalter April in Deutschland. Erst vor zwei Jahren hatten wir den kältesten April seit 40 Jahren. Dieses Jahr sind wir auf gutem Weg, den noch zu unterbieten.
So ein kaltes und nasses Frühjahr ist eine harte Zeit, vor allem für Menschen, die uns weismachen wollen, dass es immer nur heißer und trockener werden kann. Das bringt sie auf verrückte Propaganda-Ideen, z.B. Karsten Schwanke bei den Tagesthemen:

Der Wetterfrosch lenkt unmotiviert vom kalten Wetter ab und spricht über das Kohlendioxid, das in Hawai auf dem Vulkan Mauna Loa gemessen wird und angeblich heißes Klima machen soll:

„CO2 hat auch einen Rekord aufgestellt: Vergesst bitte das kalte Wetter bei uns!“

Eine Pseudo-Nachricht von Schwanke

Dabei ist das gar keine Nachricht, denn das CO2 steigt schon sehr lange gleich und stellt jedes Jahr im Frühjahr einen neuen „Rekord“ auf:

Die rote Kurve unterliegt nämlich jahreszeitlichen Schwankungen und erreicht immer zur Jahresmitte ein kurzfristiges Maximum. Immer im April wird das Maximum des Vorjahres übertroffen. Langfristig sieht das dann so aus:

Als im Corona-Lockdown im Frühjahr 2020 fast alle wirtschaftlichen Aktivitäten und damit auch der menschliche CO2-Ausstoß durch Industrie und Verkehr (leere Autobahnen, kaum Flüge) drastisch zurückgingen, hat sich die Kurve dadurch nicht merklich verändert, auch davor in der Finanzkrise 2008/2009 nicht. Warum ist das so?

Ursache und Wirkung

Der Löwenanteil (~96%) des in der Atmosphäre zunehmenden CO2 wird aus den Ozeanen ausgetrieben, weil sich die Ozeane langsam erwärmen und warmes Wasser weniger Kohlendioxid/Kohlensäure lösen kann als kaltes Wasser. Das tiefe Wasser der Ozeane wird nur langsam umgewälzt und erwärmt, so dass die Ozeane der Erwärmung (oder Abkühlung) der Atmosphäre nur sehr langsam folgen können. Das ist bekanntes Wissen und wurde noch vor wenigen Jahren auch im öffentlich-rechtlichen Rundfunk gelegentlich preisgegeben:

Das CO2 in der Atmosphäre folgt also der Erwärmung um bis zu 800 Jahre nach. Wir sehen damit heute noch die Folgen der mittelalterlichen Warmzeit bis zum Jahr 1300.
Das ist der Grund, warum die Menschheit, und noch weniger Deutschland mit seinen 2% Anteil an den gesamten menschlichen CO2-Emissionen, keinerlei Chance hat, den CO2-Gehalt der Atmosphäre in 10, 20 oder 50 Jahren nennenswert zu beeinflussen, auch wenn wir lokal sofort aufhören, fossil zu heizen und Auto zu fahren. Der CO2-Rekord vom Vorjahr wird vorhersehbar in jedem Frühjahr wieder übertroffen, auch wenn uns Karsten Schwanke das als wichtige Nachricht verkaufen will. Er betreibt ein pseudowissenschaftliches Spiel.

(Es gibt natürlich andere Gründe, weniger Öl und Gas zu verbrauchen, nämlich den wachsenden Mangel an US-treuen Lieferanten, aber mit dem Klima hat das gar nichts zu tun)

Aktivistische Fehlprognosen am laufenden Band

Immer wieder versuchen Wetterfrösche, Klimakatastrophen herbeizureden, wo es nur um Wetter geht. So etwas geht oft schief:

Es war Anfang des Jahres vielleicht mal wieder trocken, aber seit Anfang März ist in Mitteleuropa viel Regen gefallen und dazu auch noch unerwartet viel später Schnee in den Alpen.
Solche Prognosen wie die von Özden Terli für eine Region wie Mitteleuropa oder die Alpen sind unvernünftig, weil mittelfristig unkalkulierbar ist, wo die Grenzen der Niederschlags- und Kältezonen liegen werden:

Warme und kalte Zonen liegen nämlich nahe bei einander und sind durch eine schmale Luftmassengrenze getrennt.
Solche Verteilungen sind in den letzten Jahren sehr häufig zu beobachten:

Ursache könnte eine Abkühlung sein

Kritiker der CO2-Theorie haben dafür auch eine Erklärung, das „Flattern“ des Jetstreams durch eine Abkühlung der Pole:

„In Zeiten des meridionalen Fließens (des Jetstreams: blaues Band) hängt das Wetter einer Region davon ab, auf welcher Seite des Jetstreams sie sich befindet. Liegt sie darüber, ist es für die Jahreszeit spürbar zu kalt, liegt sie darunter, ist es für die Jahreszeit ungewöhnlich warm“

Jedenfalls gibt es in den letzten Jahren deutliche Hinweise für einen Trend zu kälteren Frühjahren in unserer Region, z.B. häufigere späte Kirschblüten. Das bereits vor 2 Jahren beobachtete Kippen von wärmeren in kältere Frühjahre hat sich seither bestätigt:

Der letzte Datenpunkt von April 2023 ist selbstverständlich vorläufig (vom 19.4.) und wird sich noch leicht erhöhen, aber das Bild nicht grundlegend ändern: neuer April-Tiefstand für meine Lebenszeit in München!
Der Sauerkirschbaum spürt das ganz genau, und treibt gerade die ersten Blüten aus, noch später als 2019, viel später als in allen Jahren seit seiner Pflanzung 2010.

Im Ergebnis verdichteten sich seit Jahren die Hinweise, dass die Erwärmung nicht weitergeht, nicht nur lokal in München oder Deutschland, sondern auch global, z.B. in dieser Messreihe der Universität von Alabama in Huntsville:

Seit mindestens 2016 ist eine globale Erwärmung in diesen Daten auch mit der Lupe nicht mehr zu finden, in den Medien dafür aber täglich umso lauter.

Fazit

Wie in den lokalen Aprildaten in München könnte man auch in globalen Messreihen auf die Idee kommen, dass sich seit 2010 langsam ein Wärme-Maximum herausbildet hat und es (zunächst sehr langsam) wieder mit den Temperaturen abwärts geht. Seit der ersten Beschäftigung mit dieser Möglichkeit ist die Evidenz dafür gewachsen, aber bewiesen ist da noch nichts. Experimentell, durch Temperaturmessung, beweisen kann das nur die Zukunft. Bis in weiteren 5 Jahren wird man sicherlich noch mehr davon sehen müssen, wenn diese Hypothese stimmt.
Vorerst streiten weiter die beiden Theorien um die Vorherrschaft, dass wir es entweder mit einem dauerhaften azyklischen Anstieg (durch CO2) zu tun haben oder mit einem temporären, weitgehend beendeten zyklischen, astronomisch verursachten Temperaturanstieg.
Vorerst bleibt das stärkste Argument gegen den dauerhaften, CO2-getriebenen Anstieg die geradezu lächerliche Schwäche und Bemühtheit der Argumente derjenigen, die ihn in der Öffentlichkeit vertreten.
Was Karsten Schwanke bei den Tagesthemen dazu abgeliefert hat, ist nämlich keine Wissenschaft, sondern Volksverdummung. Solche Vorstellungen nähren stärker als alles andere den Verdacht, dass dahinter nirgendwo eine seriöse Wissenschaft steht.

Nachtrag 24.4.2023
Wetterfrosch Dominik Jung bestätigt laut Berliner Kurier die von mir zitierte Begründung für die häufigen Wetterteilungen:

Jetstream schuld am Kälte-Wetter

Bei uns dürfte der April „zu kalt“ enden, in Südeuropa wird es wohl der wärmste April seit Beginn der Wetteraufzeichnungen. Schon jetzt gibt es dort Temperaturen wie sie eigentlich erst im Juli oder August erwartet werden. Und schuld daran ist der Jetstream!
„Der Jetstream ist ein Starkwindband um die Nordhalbkugel“, erklärt der Wetter-Experte. „Er mäandriert um die gesamte nördliche Hemisphäre und liegt für uns ziemlich ungünstig, macht den Weg für kalte Luftmassen aus Nordwesten frei. Zugleich wölbet er sich von Süden nach in Richtung Norden. Damit wiederum ist aus Afrika der Weg für große Hitze nach Spanien und Portugal frei. Er verhält sich dabei wie eine Mauer. Der Süden wird extrem heiß, der Norden und die Mitte von Europa bleiben in ungewöhnlich kalter Luft.“

Hier das Original-Video zum kommenden Wetter bis 9. Mai:

Der April war klar zu kalt und zu nass, und der Mai wird wohl auch nicht so toll

Was Dominik Jung und wetter.net hier an Überblick über das Wetter liefern, ist klar besser als das ideologische Gedöns bei der ARD: Schuster, bleib bei Deinem Leisten!

Fuldaer Zeitung zitiert Dominik Jung identisch zur Rolle des Jetstreams.

Nachtrag 25.4.2023
Die Behauptung aus dem oberen Video, dass CO2 der Temperaturentwicklung hinterherläuft nicht etwa voraus, hat Piers Corbyn im November 2019 auch im Bundestag vorgetragen:
„So, the amount of CO2 in the atmosphere, over the long run, is an effect, and not a cause, of temperatures and lags behind the climate by about 500-800 years…The current increase in CO2 levels in the last 100 years is an after effect of the medieval warm period“

Nachtrag 26.4.2023
Die Klimapanikmaschine arbeitet unermüdlich, unbeirrt auch dann, wenn sie vielfach widerlegt worden ist.
Ein schönes, aber typisches Beispiel aktuell wieder hier:

Martin Bethke, studierter Anglist und inzwischen Managementberater im Bereich Klima und Energie warnt vor 54°C in Phuket, Thailand.
Trick 1: Wenn es hier kalt ist, wird vor Hitze am anderen Ende der Welt gewarnt.
Trick 2: Er warnt vor „gefühlten“ 54°, in der Nachricht geht es um echte 43°C
Trick 3: „Diese Nachricht wurde am 23.4.2023 im…Deutschlandfunk gesendet“
Trick 4: Nicht gesendet wird später die tatsächlich erreichte Temperatur:

Nie mehr als für die Tropen überschaubare 36°C: Differenz 18°!

Nachtrag 1.5.2023
Dr. Roy Spencer hat in einem Beitrag untersucht, was die kleinen Dellen auf der oben gezeigten Langfristkurve der CO2-Konzentration in der Atmosphäre verursacht. Es sind nicht die menschengemachten Änderungen wie der große Lockdown von 2020, sondern z.B. Vulkanausbrüche wie der des Pinatubo 1991:

Die Pinatubo-Delle ist sehr deutlich zu sehen (auch ohne Vergleich mit einem Modell) und viel größer als alles, was man seit 2020 erkennen wollen könnte.
So viel für einen Eindruck der wirkamen Effekte:
menschliche Änderungen beim CO2-Ausstoss = klein, Natureinflüsse = groß

Nachtrag 2.5.2023
Noch ein schönes Beispiel zum Terli-Narrativ von der schlimmen Dürre 2023:
Der Bayrische Rundfunk hat es (nach viel Protest u.a. auf Twitter) geschafft, innerhalb einer Woche von einer bedrohlichen Dürre auf Rekordniederschläge und steigenden Grundwasserspiegel umzuschalten:

1 Woche von Dürre zu Rekordniederschlägen: die Fotoauswahl unterstreicht es.
Natürlich hat der BR auch den richtigen Dreh mitgebracht, um das Katastrophenszenario am Leben zu erhalten: Wetterextreme.

Nachtrag 3.5.2023
Mit dem Monatsende hier noch ein paar interessante Updates zu den Temperaturdaten für den Monat April.
München:

Der April war hier mit im Durchschnitt 8°C nun doch 0,5° wärmer als 2021, aber einer der 4 kältesten in den letzten 35 Jahren und gut 2°C kälter als der Durchschnitt dieses Zeitraums
Auf der ca. 60 km entfernten Bergwetterstation Hohenpeißenberg war der April 2023 ebenso kalt wie 2021:

Die Zeitreihe sieht sehr ähnlich aus wie in München, ist aber um 3,3°C zu tieferen Temperaturen verschoben, geschuldet hautptsächlich dem Höhenunterschied von knapp 500 m.
Für ganz Bayern (und andere Bundesländer) gibt es beim DWD eine wunderschöne Zeitreihe der Apriltemperaturen von 1881-2023 (142 Jahre):

Die Muster von München+Hohenpeißenberg (oben) erkennt man hier im Teilzeitraum von 1990-2023 ebenfalls ganz gut wieder! Die bayerischen Temperaturen insgesamt unterscheiden sich also im Verlauf nicht allzu sehr von den Münchner Temperaturen.
Der Durchschnittswert für die Jahre 1990-2023 liegt in Bayern aber mit 8,3°C ganze 1,8° unter dem Münchner Wert und 1,5° über dem von Hohenpeißenberg. Betrachtet man den ganzen Zeitraum von 1881-2023, sinkt der Durchschnitt um genau 1°C auf 7,3°C für ganz Bayern ab. Die bayerischen Daten sind durch einen linearen Fit mit einer Erwärmung von 0,13°C in 10 Jahren gut beschrieben, also 1,3°C Erwärmung in 100 Jahren. Ein quadratischer Fit auf den ganzen Zeitraum von 1881-2023 zeigt keine Maximumbildung. Man sieht, dass es Ende der 1940er Jahre bereits mehrere warme April hintereinander gab, weit wärmer als die meisten danach mit Ausnahme einiger in den Jahren 2008-2020. Die letzten drei kühlen April waren aber auch immer noch etwas wärmer als in den Jahren Ende der 1970er.
Schließlich gibt es auch neue Daten für die globale Troposphäre:

Weiterhin ist seit mehr als 8 Jahren keine Erwärmung mehr zu erkennen. Auf die ganze Zeit von 1979-2023 bezogen werden die durchschnittlichen (Land+Ozeane) Messwerte gut durch eine Erwärmung von ebenfalls 0,13°C in 10 Jahren beschrieben.
Ich habe mir einmal nur die Aprildaten aus dieser Zeitreihe herausgezogen und so behandelt wie die Daten von München und Hohenpeißenberg:

Was für die geografische Nähe gilt, gilt auch für die zeitliche Nähe:
Der April verhält sich im Verlauf nicht ganz anders als die Reihe aller Monate.
Global wird es im April ebenfalls 0,12°C pro 10 Jahre wärmer. Der April 2023 liegt aber global besser im Trend als regional und lokal. Die Schwankungen um den Trend nehmen natürlich umso stärker ab, je größer die Fläche wird, über die gemittelt wird. Die markanten Spitzen (von 1998 und 2016) fallen aber umso deutlicher auf, auch wenn sie in absoluten Zahlen global viel kleiner sind als lokal.
Der Erwärmungstrend von ca. 0,13°C in 10 Jahren zeigt weder regional noch global eine Beschleunigung, sondern erscheint auf mittlere Sicht stabil, und auch undramatisch. Zumindest die eskallierende Berichterstattung darüber scheint also tatsächlich ein menschengemachtes Phänomen zu sein:“immer schneller immer heißer“ geben diese vielfältigen Daten jedenfalls nicht her, weder lokal, noch regional, noch global. Völlig unklar, wie manche auf einen 3-, 4- oder 5°-„Pfad“ kommen 😉

Pohlmann von Muller eingewickelt

Der furchtlose Dirk Pohlmann hat einen Vortrag zum Klimawandel gehalten. Weil Pohlmann auch immer gut informiert und informativ ist, überrascht es nicht, dass sein Vortrag zum Klimawandel erheblich mehr Substanz hat als der von Harald Lesch:

Trotzdem bin ich im Ergebnis nicht überzeugt. Hier die Detailkritik:

Der 97%-Konsens

Faktenorientiert, wie er nun einmal ist, weist Dirk Pohlmann darauf hin, dass sich nur 30% der untersuchten Artikel zu der Frage äußerten, ob der Klimawandel überwiegend menschengemacht ist oder nicht, und davon hätten 97% die Frage bejaht.
Er behauptet aber, dass sich die übrigen 70% nicht äußern würden, weil sie „von einem Konsens ausgehen“. Das ist nicht mehr als eine (kühne) Annahme. Ebenso gut könnte man behaupten, sie hätten dazu noch keine Meinung oder sie würden sich wegen des großen Konformitätsdrucks nicht trauen, ihre Meinung zu sagen. Mit großer Leichtigkeit entfernt er sich also hier von den harten Fakten.
Aber sein Beispiel zeigt auch, wie die Annahme oder Behauptung eines Konsenses dazu beiträgt, den Konsens zu verstärken und den Dissens wegzudiskutieren. Das ist wohl auch der Sinn dieses behaupteten Konsenses.

Experimente zum Mikroeffekt

(von Minute 6:15 bis 22:30)
Diese sind absolut sehenswert und beeindruckend. Es kann keinen Zweifel daran geben, dass CO2 Infrarotstrahlung stark absorbiert, also die Strahlung in einem ganz bestimmten Spektralbereich, in dem die Absorptionsbande der Molekülschwingung von CO2 liegt.
Natürlich sind dazu ein paar Randbedingungen zu beachten:

  • In den Experimenten war die CO2-Konzentration nicht weit von 100% entfernt. Das Herunterrechnen auf den aktuellen CO2-Gehalt der Atmosphäre von 400 ppm= 0,04% ist nicht trivial und erfordert eigene Modellrechnungen oder Experimente. Das wurde aber in dem Vortrag nicht diskutiert. (würde man die gesehenen 15-20°C Temperaturdifferenz einfach linear herunterrechnen, was sicherlich zu wenig ist, blieben davon nur Bruchteile eines Grades beim Anstieg von 280 auf 560ppm)
  • Auch dürfte das Strahlungsspektrum der verwendeten Lichtquellen ziemlich optimal für die Absorption gewesen sein. Eine brennende Kerze wie im letzten Experiment zum Beispiel hat eine Temperatur von 600-1000°C. Ihr Strahlungsspektrum ist damit völlig anders als das der relativ kühlen Erdoberfläche im Temperaturbereich von meist 0-30°C. Die effektive Wirkung von CO2 im Wechsel der Jahreszeiten, von Tag und Nacht, auf unterschiedlicher geografischer Breite und in verschiedenem Abstand von der Erdoberfläche ist daraus noch lange nicht quantitativ ableitbar.

Klimasensitivität von CO2

Wären die oben beschriebenen Experimente wirklich so aussagekräftig, wie man zunächst vermuten mag, müssten sie sich durch Verfeinerung des Versuchsaufbaus und  Verdünnung von CO2 bis hinunter auf 400ppm nutzen lassen, um die Klimasensitivität von CO2 quantitativ zu bestimmen. Diese ist definiert als die mittlere Temperaturerhöhung durch Verdoppelung des CO2 in der Atmosphäre (von 280 auf 560 ppm). Es gehört aber zu den großen Merkwürdigkeiten der CO2-Klimawissenschaft, dass dieser Wert experimentell nicht einmal annähernd bestimmt ist, worauf seriöse Skeptiker gerne hinweisen, sondern als Fit-Parameter aus dem Vergleich der Klimamodelle mit der realen Temperaturentwicklung abgeleitet wird.
Der so abgeleitete Wert sinkt zu allem Überfluss mit der Verfeinerung der Klimamodelle tendenziell immer weiter ab:

ClimateSensitivity

D.h. die Klimawirksamkeit von CO2 wird zunehmend geringer eingeschätzt. Genau darum dreht sich die Debatte auch von seriösen Skeptikern: es könnte viel weniger sein, als uninformierte Alarmisten und Propagandisten oft behaupten. Die nehmen nämlich gerne das Worst-Case-Szenario und quälen damit ihre Kinder.

Der Mann-Ball-Prozess

Als ein Beispiel für Faktenverfälschung durch Klimakskeptiker nennt Dirk Pohlmann den Mann-Ball-Prozess und die Verbreitung des Urteils in klimaskeptischen Zirkeln wie Tichys Einblick,  EIKE und vor allem Rainer Rupp bei KenFM. Das sei jedoch eine völlige Fehlinterpretation des Urteils, erläutert er ebenfalls bei KenFM und so auch in seinem Vortrag.
Damit habe ich überhaupt kein Problem, denn die Argumente schienen mir nie besonders stichhaltig.
Es sollte klar sein: Wissenschaftlicher Streit kann vor Gericht nicht zufriedenstellend geklärt werden —- und die Richtigkeit politischer Weichenstellungen (siehe unten) ebenfalls nicht.

Der Exxon-Chart

Dirk Pohlmann zitiert auch den „Exxon-Chart“ als Beweis dafür, dass die Wissenschaftler von Exxon schon immer gewusst hätten, was CO2 bewirke, also als Turbo-Beweis für die Richtigkeit der Theorie vom menschengemachten Klimawandel.
Der Exxon-Chart, der aus dem  „1982 Exxon Primer on CO2 Greenhouse Effect“ der wissenschaftlichen Abteilung des Ölmultis Exxon von (angeblich) 1982 stammt, machte im Frühjahr 2019 Furore, weil er den CO2-Gehalt der Atmosphäre und die Temperatur im Jahr 2019 (rot) erstaunlich exakt prognostizierte:TrueChart

Zu diesem Chart und dem „internen“ Paper gibt es einiges zu fragen:

  • Wie war es möglich, die CO2-Emissionen so exakt zu prognostizieren, wenn doch der heutige Kohleverbrauch Chinas im Jahr 1982 unmöglich abschätzbar war, wie dieser Chart mit dem drastischen Anstieg ab 2000 zeigt:
    CoalBurning
  • Welche quantitative Klimasensitivität von CO2 konnte im Jahr 1982 richtig angesetzt werden, wenn diese doch heute noch um Faktoren unklar und strittig ist (s.o.) ?
  • Was hat eigentlich die Klimawissenschaft seit 1982 geleistet, wenn schon damals der heutige CO2-Gehalt der Atmosphäre und ihre mittlere Temperatur für noch gar nicht spezialisierte Forscher der Ölindustrie so exakt berechenbar waren? 🤔
  • Woher wissen wir, dass das „interne“ Paper tatsächlich schon 1982 existiert hat und nicht später gebastelt wurde? Die Lage wäre natürlich eine andere, wenn das Papier nicht erst 2019, sondern im Jahr 1982 öffentlich geworden wäre. Dann wäre das ein erstaunlicher und nicht bestreitbarer Treffer. So kann es allerdings auch ein geschickter Versuch sein, mit einem nachträglich gebastelten Fake-Dokument (man beachte die Optik eines schlechten Scans im PDF) das eingängige Narrativ von der bösen Ölindustrie zu stärken, die alles immer unter der Decke gehalten hat, bis es (endlich!) rauskam, ausgerechnet im Klima-Hype-Jahr 2019 🤔
  • Wie soll es möglich sein, das Erreichen des 2°-Zieles kurz vor dem Jahr 2060 zu verhindern, wenn die Prognose über die letzten 37 Jahre schon so punktgenau war?

Das Exxon-Chart ist ein zweischneidiger Glücksfall: eigentlich zu glücklich, um wahr zu sein. Eine Geschichte, die vielleicht nicht ganz zufällig an die Wandlung des Saulus zum Paulus erinnert.

Damaskuserlebnis des Richard Muller

Das Klima-Narrativ kennt viele solcher Bekehrungsgeschichten. Richard A. Muller hat 2004 einen berühmten Vortrag gehalten, in dem er die Art und Weise kritisiert, in der die Daten für die Hockeyschläger-Kurve gewonnen wurden (‚Climategate‘). Dieses Video sollte man kennen:

2012 hat Muller die Seiten gewechselt und das in der New York Times verkündet. Ebenso wie er für den ersten Teil seiner Stellungnahme von den Klimaskeptikern gefeiert wird, wird er von den Klimaalarmisten für seine Konversion zum Klima-Paulus gefeiert:

Dabei hat er nie öffentlich erläutert, warum seine Kritik von 2004 an der Datengewinnung der Klimawissenschaft falsch war. Deshalb bleibt diese Kritik auch valide. Ebenso valide wie sein folgender Einwand, dass eine Klimaschutzpolitik Europas und der USA notwendig wirkungslos bleiben muss angesichts vermehrter Produktion in anderen Teilen der Welt:

Dieser Zuwachs vor allem in China, Indien und anderen Schwellenländern ist ja eine Realität, die nicht vergeht, wenn allein die Europäer ihren CO2-Ausstoß kräftig vermindern:
World_fossil_carbon_dioxide_emissions_six_top_countries_and_confederationsMitstreiterin in seinem Datenanalyse-Projekt war übrigens auch Judith Curry. Und sie hat die umgekehrte Richtung eingeschlagen: zur Skepsis. Und in ihrem Blogbeitrag zu Mullers ‚Bekehrung‘ mahnt sie ihn zur Vorsicht:
One of the strongest voices criticising the study comes from the BEST team itself. Dr Judith Curry, head of the School of Earth and Atmospheric Sciences at the Georgia Institute of Technology, declined to be a co-author on the latest BEST study, and says on her blog she does not “see any justification in [BEST’s] argument for” the group’s statement that its warming data fits with manmade carbon dioxide. Curry’s not alone: former climate scientist William Connolley claims BEST has done “none of the attribution work you’d expect”.
And finally, some advice to Muller from a dedicated student of the dynamics of the climate science/policy interface (moi): Don’t overplay your hand“

Und gerade Judith Curry ist meine Kronzeugin dafür, dass die Debatten in der Klimawissenschaft eher politische sind als wissenschaftliche:
What is climate science for?

“In liberal democracy, we generally expect that experts and expert knowledge should be given some privileged status in public decision-making to temper political values. Yet, even when expertise is explicitly embraced, it can be manipulated for political ends.”

“The political use of climate science for the purposes of agenda-setting is employed to bolster advocacy groups’ strategic positions concerning whether and (broadly) how to act on climate change in the first place…

Und an anderer Stelle:
“Climatology has become a political party with totalitarian tendencies”

Mehr Bekehrungen im Politikestablishment

In einem seiner schwächsten Argumente bezieht sich Dirk Pohlmann auf Frank Luntz. Er berichtet, wie der Republikaner als Wahlkampfberater unter G.W. Bush Ratschläge erteilte, wie wahlkämpfende Parteifreunde die Klimaerwärmung durch CO2 kleinreden und u.a. als ‚Klimawandel‘ verharmlosen sollten. Dieser selbe Luntz hat sich ebenfalls ausgerechnet im Klima-Hype-Jahr 2019 bekehrt:
FrankLuntz
Warum sollte jemand, der vor 15 Jahren schamlos gelogen hat (so Pohlmann), heute die (ganze) Wahrheit sagen? Dirk Pohlmann weist auch gerne darauf hin, dass auch US-Militärs und die Koch-Brüder, Inbegriff gieriger und politikbeeinflussender Ölmagnaten, jüngst das Klima-Lager gewechselt hätten. Was spricht aber dagegen, dass diese Leute damit heute weiter die Wahrheit verbiegen, nur in der anderen Richtung?
Interessant ist in diesem Zusammenhang, dass auch Richard Muller kein reiner Wissenschaftler ist. Er betreibt auch eine Beratungsfirma in Energiefragen und hat sich für die in den letzten gut 10 Jahren für die USA auch finanziell zunehmend wichtiger gewordene Fracking-Industrie eingesetzt: „Why every serious environmentalist should favour Fracking“. Außerdem spielt er eine wichtige Rolle als Politik-Berater in nationalen Sicherheitsfragen als Mitglied der JASON Defense Advisory Group und äußert sich auch entsprechend: „Is Osama bin Laden behind the mail attacks?“. Er kommt (natürlich) zum Ergebnis, dass Osama und die 14 Teppichmesser dahinterstecken, aber das ist nun wirklich kein physikalisches Thema, und fishy ist die Anthrax-Geschichte auch noch. Gerade bei Muller ist also keineswegs ausgeschlossen, dass seine Wende in der Klimafrage weniger wissenschaftlich als geostrategisch begründet ist.

Geostrategischer Kurswechsel?

Was könnten für Teile des US-Establishments die geostrategischen Gründe sein, öffentlich und nach außen von Klima-Leugnung auf Klima-Alarmismus umzuschalten? Da fallen mir so einige ein, zum Beispiel:

  1. Die gewachsene wirtschaftliche und finanzielle Bedeutung der Fracking-Industrie hatte ich bereits erwähnt. Die Industrie ist an der Wall Street hochverschuldet und kämpft bei niedrigen Gaspreisen darum, die Investitionen wieder hereinzuholen. Wie von Muller mit Umwelt-Argumenten empfohlen, hat sie dafür die US-Kohlewirtschaft zurückgedrängt. Warum dasselbe nicht im Ausland wiederholen, z.B. mit deutscher Kohle, aber auch arabischem Öl oder sogar russischem Gas (Nordstream 2)? Da hilft auch grüne Politik.
  2. Vor 15 Jahren hatten die USA gerade den Irak erobert und hofften, sich damit für lange Zeit die Kontrolle über die Verteilung des Öls in der Region gesichert zu haben. Seither haben ähnliche Projekte aber herbe Rückschläge erlitten, nicht nur im Irak, sondern auch in Libyen und Syrien. Öl, das jetzt vielleicht andere kontrollieren, ist aber ein böser Rohstoff.
  3. China hat sich seit 2000 mit immer rasanterer Geschwindigkeit zum größten CO2-Emittenten und auch zu einem enormen industriellen Konkurrenten entwickelt. Eine Anti-China-Politik der USA wurde mit Donald Trump offiziell. Es wäre durchaus vorteilhaft, wenn sich die rechte Politik Trumps, eines vehementen Klimaleugners, im linken politischen Spektrum und gerade auch in Europa neben dem gerne aufgenommenen Uiguren-Thema noch mit einer klimapolitischen Komponente ergänzen ließe. Durch Übertreiben und Instrumentalisieren des menschengemachten Klimawandels ließe sich eine flankierende  propagandistischen Waffe gegen China und seine wirtschaftliche Macht schmieden.

Symbolbild

Der etwas unscharfe Zusammenhang zwischen Klima-Hype vor allem in Deutschland und Geopolitik der USA soll vorerst durch diese drei Herren symbolisiert werden:

EF5nvBJWwAMbh7L

Rezo << Ströer Media << Cerberus Capital Management << CEO Stephen Feinberg << Vorsitz President’s Intelligence Advisory Board, ernannt von Donald Trump:
Zwei blaue Clowns links und rechts und ein seriöser Mann in der Mitte 😉
Natürlich gibt es einen großen inhaltlichen Widerspruch zwischen Trump und Rezo in der Klimafrage, aber der amerikanischen Politik geht es nie um eine widerspruchsfreie ‚Haltung‘, eine sehr deutsche Idee, sondern darum, die Welt und besonders die Vasallen dorthin zu bewegen, wo sie sie haben will. In diesem Fall heißt das für Deutschland: zu einer weniger wettbewerbsfähigen Industrie. Mit einer extremen Klimapolitik für Deutschland kann das natürlich auch funktionieren.

Fazit und Ausblick

Dirk Pohlmann hat einen besseren Beitrag zur Klimadiskussion abgeliefert. Aus meiner Sicht hat er allerdings nur gezeigt, dass es schlechte Argumente auch unter Klimaskeptikern gibt. Nicht gezeigt hat er dagegen, dass der Klima-Alarmismus in seiner aktuell in Deutschland beliebten Form rational und wissenschaftlich begründet und die einzig mögliche Interpretation der Datenlage ist. (Nach meiner Meinung ist das auch schwer erreichbar, denn die öffentlich bekannten Daten geben das weiterhin kaum her).
In einem nächsten Beitrag will ich der Frage nachgehen, wie eine rationale hiesige Energiepolitik im Kleinen und Größeren aussehen könnte angesichts der weiterbestehenden Unsicherheiten in der Klimafrage und der skizzierten geopolitischen Hintergründe und Krisensymptome.

 

Corbyn ante portas

Corbyn hat im Bundestag gesprochen, auf Einladung der AfD, also der Bruder: Piers Corbyn.
Der steht zwar in gesellschaftlichen Fragen ganz hinter seinem jüngeren Bruder Jeremy und macht auch mal Wahlkampf für ihn, aber beim Thema menschengemachter Klimawandel hat er eine ganz andere Position als die Labour Party: er hält ihn für einen großangelegten wissenschaftlichen Betrug. Als ausgebildeter Astrophysiker, der seinen Lebensunterhalt seit Jahrzehnten damit verdient, auf der Basis der Beobachtung der Sonne und ihrer Zyklen langfristige Wettervorhersagen zu machen und zu verkaufen, ist er dafür gar nicht mal schlecht aufgestellt. Ich habe seinen Standpunkt bereits vorgestellt.

Es ist interessant zu beobachten, welche Empörung und Ausgrenzung ihm im Bundestag dafür entgegenschlägt. Herr Prof. Schnellenbach, rechts neben ihm sitzend, kein Naturwissenschaftler, sondern Ökonom, kann sein aufrichtiges Naserümpfen kaum verbergen. Und die Ausschussvorsitzende Sylvia Kotting-Uhl gibt sich 2 Mal allergrößte Mühe, ihre aufrichtige grüne Empörung über Corbyns freche Äußerungen hinter der Geschäftsordnung zu verbergen. Ein sehenswertes Zeitdokument:


(27.11.2019: „Video nicht verfügbar
Dieses Video ist nicht mehr verfügbar, weil das mit diesem Video verknüpfte YouTube-Konto gekündigt wurde“: so schnell geht’s!)
Hier die Aussagen Corbyns als Text:
AussageCorbyn

Man sieht an dieser Einladung, dass es durchaus sein Gutes hat, wenn die AfD mit Einladungen in den Bundestag für ein wenig Dissens bei manchen Themen sorgt. Das ist oft besser als selbst zu viel schimpfen, denn niemand wird Corbyn öffentlich vorwerfen, dass er im Bundestag ‚gehetzt‘ habe: hat er nicht, sondern nur seine Meinung gesagt.
So können deutsche Politiker nicht gemütlich im nationalen Saft selbstzufrieden schmoren und sich einbilden, alles sei klar, sie wüssten Bescheid und seien wieder mal die Guten. Wenig ist klar, und Corbyn könnte diesen Kampf um die wissenschaftliche Wahrheit letztlich tatsächlich gewinnen: 50:50.
Warten wir’s ab, denn Klimaskeptiker haben viel Zeit und der ‚Winter of Discontent‘ (Corbyn) hat gerade erst begonnen.

Boris Johnson wirbt übrigens im brit. Wahlkampf für Klimaziele, die denen der Grünen in Deutschland am nächsten kommen:
JohnsonNetZero

Das BBC-Video gibt es hier.

Nachtrag 13.01.2020
Es gibt mal wieder eine verfügbare Videoaufzeichnung von Corbyns Auftritt im Bundestag:

Nachtrag 7.5.2021
Das Paper von Corbyn auf dem Bundestagsserver.

Verbrenner sind nicht schlimmer

Ich muss vorausschicken, dass ich zunächst ein Autogegner war: wegen des Straßenbaus, der überall so viel Fläche gefressen hat (und immer noch frisst), wegen der teilweise sinnlosen Verplemperei von wertvollem Kraftstoff für übergroße Autos und teilweise gedankenlose Fahrten, wegen des Friedhofs an den Straßenrändern (den man als Radfahrer sehr intensiv wahrnimmt), wegen der Raserei auf dem flachen Land und wegen der Staus. So kam es, dass ich noch als Familienvater nur gelegentlich am Wochenende ein Auto gemietet habe, wenn eine Fahrt anstand, bei der die Bahn ungünstig war. In der Stadt brauche ich nämlich kein Auto. Und das hat sich bis heute kaum verändert.

Irgendwann war ich aber in einem Tech-Unternehmen firmenwagenberechtigt, und wer kein Auto hatte, bekam ersatzweise – nichts. Es gab aber die Möglichkeit, statt eines relativ teuren Leasingwagens (Mercedes, BMW, Audi oder VW) Geld für einen privat gekauften PKW zu erhalten. Er musste nur der ‚Firmenwagen-Policy‘ entsprechen, also mindestens Kompaktklasse und höchstens 5 Jahre alt sein. Ich habe mir ausgerechnet, dass ich mit dieser ‘Car Allowance‘ und einem einfacheren Auto an der Untergrenze der ‚Policy‘ sogar noch einen Gewinn einstreichen könnte, während das Auto die meiste Zeit ungenutzt vor der Tür stand. Die Mietwagen konnte ich mir dann zusätzlich auch noch sparen. Warum also nicht ein Auto kaufen, statt den Vorteil allein Kollegen zu überlassen, die viel fahren?

Meine Autos

So kam es, dass ich die Nr. 1 in der Liste gekauft habe, die in diesem Jahr den 3. Nachfolger erhalten hat. Die Nr. 1, 2 und 4 sind verschiedene Generationen desselben Modells, also sehr gut vergleichbar, Nr.3 ein Van auf der Plattform von Nr. 2:
Tabelle
Insgesamt war ich mit den wieder weiterverkauften Nr. 1-3 sehr zufrieden. Sie waren günstig in der Anschaffung, vernünftig beim Platzangebot für eine Familie und beim Unterhalt. Sie sind zuverlässig gefahren und haben keinen echten Ärger mit unreifer oder schlechter Technik gemacht. Nr. 2 ist mit 15 Jahren und gut 150.000 km auch immer noch innerhalb der Familie im Einsatz: ein grundsolides Auto für Leute, die das Geld nicht für ein Prestige-Auto raushauen wollen oder können.

Und die Erfahrungen mit dieser Liste von Autos erlauben mir jetzt einige Schlussfolgerungen für die  allgemeine Autodebatte:

Kleine Benziner sind perfekt für Wenigfahrer

Alle Autos habe ich immer unter der Prämisse gekauft, dass ich als umweltbewusster schwäbischer Wenigfahrer auf den sparsamsten Benziner setze. Man sieht, dass die Technik in diesen 17 Jahren Fortschritte gemacht hat: die Motoren wurden kleiner, leistungsfähiger und (ein wenig) sparsamer. Im Stadtverkehr ist bei Nr. 4 die Start/Stopp-Automatik angenehm, die bessere Motorleistung macht sich vor allem bei Bergfahrten angenehm bemerkbar. Die Autos wurden aber auch etwas schwerer.
Der Verbrauchsrückgang wurde jedoch in den Werksangaben übertrieben, was in den letzten Jahren allgemein von Autokäufern bemängelt wurde. Ich nutze das Auto kaum in der Stadt (weil es im Vergleich zum Fahrrad und dem ÖPNV wenig Sinn macht), sondern meist für Überland- und Autobahnfahrten. Dabei lag mein Verbrauch mit Nr. 1-3 immer zwischen dem für Überlandfahrten angegebenen und dem Durchschnittsverbrauch, also bei 108-117% des dafür versprochenen Werts: akzeptabel.
Beim jüngsten Auto sind diese Werte utopisch niedrig. Noch sind die Erfahrungswerte nicht stabil, weil im Sommer oft die Klimaanlage gelaufen ist, aber 4,5 oder gar 4 l/100km bei Überlandfahrten scheinen völlig außer Reichweite zu liegen. Der tatsächliche Verbrauch liegt mit fast 140% des versprochenen Werts deutlich schlechter als zuvor. Eine wachsende Neigung, die Kunden mit schönen Zahlen hinters Licht zu führen, wie sie beim Diesel-Abgas-Skandal besonders sichtbar wurde, zeigt sich also auch hier.
Insgesamt aber bin ich zufrieden mit den Benzinern. Für meine Nutzung scheinen sie mir die perfekte Synthese von Ökonomie und Ökologie zu sein, wenn Fahrrad, Bus oder Bahn mein Mobilitätsbedürfnis nicht vernünftig befriedigen können, also vor allem bei Fahrten aufs Land hinaus oder in den Urlaub.

Autobesitz und –fahren ist nicht teurer geworden

Nicht für jemanden, der sich konsequent an den kleinsten Benzinmotor gehalten hat, und nicht durch den „gierigen“ Staat. Der Rückgang von Verbrauch und Kfz-Steuer ist nicht durch einen höheren  Benzinpreis aufgefressen worden. Und nach den jüngsten Klimabeschlüssen der Großen Koalition sieht es auch nicht so aus, als würde das in den nächsten 5 Jahren deutlich anders aussehen. Die Kfz-Steuer ist gemessen am tatsächlichen CO2-Ausstoß (der ja letztlich proportional zum tatsächlichen Verbrauch sein muss) sogar stark gesunken: mir soll es recht sein.

Technisch geht wohl noch was

Ich bin davon überzeugt, dass bei sparsamen Benzinern das technisch Mögliche noch nicht ausgereizt ist. Erstens sollten die Gewichte wieder Richtung 1t sinken. Zweitens sollte sich die Technik der kleinen 3-Zylinder-Benziner erst noch bei den Kunden etablieren und optimiert werden. Ford setzt schon am längsten auf diese Technik und fährt dafür regelmäßig Auszeichnungen ein:

FordEcoboostEngineOfTheYearWährend das Produkt aber technisch gelobt wird und Ford auch konsequent auf diesen Motor setzt,  scheint er sich erst in jüngster Zeit in relativ guten Absätzen auszuzahlen. Die Motoren von Ford sind zwar bei der Leistung der Konkurrenz überlegen, aber nicht unbedingt beim Verbrauch.

Die stetige Arbeit an den Benzinern hat sich für die Unternehmen wenig ausgezahlt, weil die Kunden den Autos ein wenig die kalte Schulter zeigten: zu wenig hip, zu wenig sexy, zu wenig Prestige. Die schicken Karossen und die (unnötig?) großen Leistungen zum moderaten Verbrauch gab es eben bei den Leuten und den oft übergewichtigen Fahrzeugen vom Diesel-Hype:

Diesel-Hype nicht mitgemacht

Bei geringer Laufleistung war der Diesel für mich zu keinem Zeitpunkt wirtschaftlich eine Option. Außerdem wurde ich 2006, also vor dem Kauf von Nr. 2, von einem Kfz-Meister gewarnt: „Da wird es Probleme mit dem Abgas geben“. Das war genau 10 Jahre vor dem offenen Ausbruch des sogenannten Diesel-Skandals. Es scheint mir deshalb völlig unglaubwürdig, dass deutsche und europäische Aufsichtsbehörden nicht in den Diesel-Betrug eingeweiht waren und nicht beide Augen zugedrückt haben.
Außerdem betraf der Abgas-Skandal gar nicht den Kraftstoff-Verbrauch und damit den CO2-Ausstoß. Es ging ja gerade darum, den günstigen Verbrauch im Alltag zu erreichen, ohne im Abgastest an hohen NOx-Werten zu scheitern.
Für PKW, die viel im Langstreckeneinsatz unterwegs sind, halte ich trotzdem den Diesel noch nicht für erledigt. Müsste ich viel Langstrecke fahren, z.B. als Vertreter oder Pendler, würde ich mir wohl trotz allem einen kleinen und effizienten Diesel kaufen. Gerade beim Verbrauch (und damit CO2-Ausstoß) sind die nämlich trotz des Skandals gut.

Das Problem ist nicht der Diesel als solcher, sondern die Tatsache, dass die deutschen Hersteller (außer Opel und Ford) gemeinsam auf dieselbe Technik gesetzt haben, um vor allem große und schwere Fahrzeuge zu verkaufen und damit den US-Markt zu erobern:

DieseloffensiveBILD

Just in dem Jahr 2006, in dem ich schon von Abgasproblemen gehört hatte. Da muss man sich nicht wundern, wenn sich gut 10 Jahre später folgende Frage stellt:DeutscheImFadenkreuzNun, die Antwort liegt in der „deutschen Diesel-Offensive“ von 2006. Amerikaner mögen keinen (offenen) Korporatismus. Sie haben auch eine schwache Autoindustrie, die diese Gelegenheit nicht vorübergehen lassen konnte, Konkurrenten zurechtstutzen, die ihr in der Oberklasse das Leben seit langem sehr schwer machten. Das ist der Grund, warum der Skandal in den USA aufgeflogen ist und nicht durch die deutschen und europäischen Behörden aufgedeckt wurde, die lieber mit der Industrie kungelten.

Rechtzeitig mit dem Tod des Diesel-Hypes gibt es glücklicherweise einen neuen Trend, mit dem sich die Hippen vom Pöbel unterscheiden und weiterhin überschwere Fahrzeuge fahren können:

Elektrisch ist nicht die Lösung für Alles

Elektrofahrzeuge halte ich für Wenigfahrer nicht für eine attraktive Alternative: zu hoch sind die Anschaffungskosten (ca. 40000 Euro statt ca. 20000 Euro Neupreis für meine oben gelisteten 4 Fahrzeuge), zu teuer die Batterie, wenn sie viel ungenutzt herumsteht (und sich entlädt). Und zu wenig ausgereift ist auch die Infrastruktur und die Technik.
Natürlich ist es in Ordnung, wenn sich Leute für ein Elektrofahrzeug entscheiden, sei es, weil sie überwiegend in der Stadt fahren (Taxen, Lieferdienste, Pflegedienste,…) oder weil sie auf dem Land leben, eine eigene PV-Anlage betreiben und über eine passende Distanz pendeln. Gut, wenn sie für sich ausprobieren, ob sie mit einem e-Auto besser fahren als mit einem Verbrenner.

Und das sieht auch der ökologische Verkehrsclub VCD so:

Der große Fortschritt bei den alternativen Antrieben lässt leider weiter auf sich warten. Daher hat der VCD – abgesehen von einer Handvoll Elektroautos – vor allem sparsame Verbrenner in seine Positiv-Liste aufgenommen. Neben den bewährten Hybriden und Erdgasautos sowie Benzinern sind darunter auch Diesel…
Weiterhin empfiehlt der VCD kleine Benziner, die auch ohne Direkteinspritzung sparsam sind…
Familien, die ein sparsames und günstiges Auto mit viel Platz benötigen sind gut beim Ford Focus 1.0 l EcoBoost aufgehoben…
Für Vielfahrer listet der VCD zum ersten mal seit drei Jahren auch wieder einige Diesel-Pkw auf

Und die Begründung liegt u.a. in dieser Aufstellung:
VCDElektro

e-Autos haben ihre Stärken, aber auch ihre Schwächen, letztere nicht nur bei der Batterieherstellung, bei längeren Überlandfahrten, für Wenigfahrer, sondern zum Beispiel auch bei Kälte im Winter und bei Batteriebränden.

Die Hippen und der e-Hype

Promis jeder Art, junge Frauen und alte weiße Männer, finden sich leicht, wenn es darum geht, sich gegenseitig Aufmerksamkeit zu verschaffen:
GretaArnie

Dabei wird einer frischen Ikone gerne auch einmal ein e-Auto zur Verfügung gestellt, weil es als ökologisch gilt. Dabei ist es doch oft nur absurder alter Wein…

ArnieHummer

..in neuen Schläuchen, jetzt eben vollelektrisch, aber immer noch überdimensioniert, übergewichtig und um ein Vielfaches umweltschädlicher als der Verbrenner von Otto Normalverbraucher:

ArnieElektrisch

Wichtig ist für die Hippen immer das Rampenlicht und der große Auftritt, nicht eine brauchbare Lösung für die Vielen.

Zusammenfassung

Wir befinden uns in einer Zeit, in der viele technische Lösungen für den Verkehr miteinander konkurrieren. Die meisten haben für den einen oder anderen Bedarf einen Vorteil und sollten dafür auch genutzt werden können, sofern auch ökologisch Mindeststandards eingehalten werden. Ich habe deutlich gemacht, dass für meinen Bedarf sparsame Verbrenner eine ökonomisch und ökologisch sehr gute Lösung sind. Wenn andere auf Diesel oder Elektrofahrzeuge setzen, dann ist das für mich OK, aber ihre Sache.

Staatliche Eingriffe durch Vorgaben und Steuern zum Beispiel für Benzin sind natürlich grundsätzlich legitim und auch absehbar gar kein Problem für die verfügbaren effizienten Verbrennungsmotoren, denn für solche ist der Spritpreis nur ein Kostenfaktor unter vielen.

Aber disruptive Eingriffe, zum Beispiel ein völliges Verbot von Verbrennungsmotoren, wie es die Grünen für 2030 fordern, halte ich für völlig unangemessen. Ein solches Verbot würde beispielsweise mein Interesse sowohl an einer ökonomischen als auch einer ökologischen Lösung für meinen Mobilitätsbedarf verletzen. Und das alles zugunsten einer e-Mobilität, die selbst starke ökonomische und auch ökologische Probleme mitbringt. Entsprechende Forderungen folgen weniger einer technischen und wirtschaftlichen Logik als der Logik eines irrationalen Hypes, mit dem die eine Technik für gut und die andere für böse erklärt wird. Und solche staatlich erzwungenen Privilegien  für einzelne Technologien bergen ein sehr hohes Risiko, am Ende schlechte Ergebnisse zu produzieren, sowohl ökonomisch als auch ökologisch.

Technologieoffenheit halte ich für wesentlich im Wettbewerb um bessere Lösungen für den Verkehr, gerade auch weil der Batterieantrieb nicht das Ende der technischen Entwicklung darstellt. Technologie oder Technologieverbote sind aber noch keine Lösung. Es kommt auch darauf an, das Fahren ökonomisch und für sinnvolle Zwecke einzusetzen statt einen gesellschaftlichen Selbstzweck daraus zu machen. Das gilt selbstverständlich auch für das elektrische Fahren.

Und selbstverständlich habe ich diesen Artikel nicht geschrieben, weil ich in irgendeiner Weise mit der Auto- oder Ölindustrie unter einer Decke stecke. Die Frage nach Interessen darf durchaus auch denjenigen einmal gestellt werden, die Elektromobilität zur alleinseligmachenden Technik erklären. Werden dort keine Interessen von (anderen) Autoherstellern oder von Stromerzeugern verdeckt gefördert?