Die Fakten sind es wert

Die Linke-Bundestagsabgeordnete Żaklin Nastić
hat eine Anfrage an die Bundesregierung gestellt:

Der Staatssekretär Patrick Graichen im Ministerium für Wirtschaft und Klimaschutz antwortete offiziell für die Bundesregierung.

Zunächst wiederholt er zwei Punkte, die für (fast) alle längst offensichtlich sind:

  • Die Bundesregierung geht von einer gezielten Sabotage der Pipelines Nord
    Stream 1 und 2 aus
  • erscheint insbesondere vor dem
    Hintergrund der hohen Komplexität der Tatausführung sowie einer
    entsprechenden Vorbereitung das Agieren staatlicher Akteure wahrscheinlich

Dann ergänzt er zwei Details, die wir uns merken wollen:

  • vermutlich einer Sprengladung von mehreren Hundert Kilogramm
  • Anhand des zeitlichen Abstands zwischen den ersten drei Leckagen …eine zeitgleiche technische Fehlfunktion nahezu ausgeschlossen ist“

Zuletzt aber kommt er zum inhaltsreichsten Punkt:

Nordstream-Sprengung ist „top secret“

Das Staatswohl verbietet es, in Zukunft noch irgendetwas Weiteres dazu zu sagen!
Zur Geheimhaltung unter der „Third-Party-Rule“ führt er konkreter aus:
„Eine mögliche Kenntnisnahme durch Unbefugte würde erhebliche nachteilige
Auswirkungen auf die vertrauensvolle Zusammenarbeit der Nachrichtendienste des Bundes mit ausländischen Nachrichtendiensten haben

Jeder Leser wird selbst in der Lage zu sein zu bewerten, ob sich die vertrauensvolle Zusammenarbeit und die Third-Party-Rule auf den russischen Geheimdienst beziehen könnten und ob die Bundesregierung es verschweigen müsste, wenn sie Beweise darüber erlangen würde, dass die Russen die Pipelines gesprengt haben.

Weitere Infos

Die Tagesschau berichtete passend dazu, dass es gemeinsame Ermittlungen von Deutschland, Dänemark und Schweden nicht geben wird:

Die ungewöhnlich radikale Geheimhaltungsankündigung der Bundesregierung passt natürlich schon wieder ganz hervorragend zu den Informationen, die ich zu diesem Schlüsselereignis für Deutschlands Schicksal gesammelt habe:

Medienecho?

Machen Sie den Selbsttest! In welchem wichtigen Medium, Zeitung oder Rundfunk, wurde über diese Anfrage der gewählten Abgeordneten Nastic und die Antwort der Bundesregierung berichtet? Wer etwas findet, ist natürlich herzlich eingeladen, es in einem Kommentar zu diesem Beitrag zu verlinken.

Fazit: 5%-Parteien sind wertvoll

Die Linke ist seit einiger Zeit schon eine chaotische, tief gespaltene Partei, und Sozialismus halte ich im Lichte einiger Lebenserfahrung für eine gefährliche Illusion. Niemals würde ich eine Linke wählen, die in Reichweite einer Mehrheit käme, von einer absoluten Mehrheit ganz zu schweigen.

Etwas anders sieht die Sache aus, wenn die Linke wie aktuell an der 5% ums Überleben kämpft: solche Anfragen würde ohne Randparteien wie die Linke vielleicht gar nie gestellt werden und die Regierung nicht zwingen, solche hochinformativen Antworten zu geben. Ohne die Linke wären wir vielleicht am Ende alle dümmer? Deshalb habe ich auch als Antikommunist kein Interesse daran, dass die Linke ganz aus dem Bundestag fällt: 5% sind sie immer wert, denn zu viel Konsens ist eine große Gefahr und in Deutschland besonders.

Dasselbe gilt genauso auch für die FDP, die nach ihren freiheitsfeindlichen Entscheidungen mit dem Irren Lauterbach ziemlich in den Seilen hängt, wie die Landtagswahl in Niedersachen gezeigt hat. Mit den 11,5% bei der Bundestagswahl war sie sicher überbewertet (und ich habe sie doch nicht gewählt), aber sollte sie deshalb unter 5% fallen? Ich denke Nein!
Und dasselbe gilt ebenfalls für die AfD. Auch ihr verdanken wir wertvolle Debattenbeiträge im Bundestag, ohne die der Bundestag und das ganze Land blöder wären, als sie eh schon sind.

Deshalb meine These:
Wir brauchen die Vielfalt im Bundestag. Der demokratische Wert fast jeder Partei steigt, wenn sie sich der 5%-Hürde nähert, egal ob von unten oder von oben.
Wenn bei einer (derzeit noch nicht erkennbaren) Bundestagswahl sowohl FDP als auch Linke an die 5%-Hürde rutschen, wird es allerdings sehr schwierig für mich.

Nachtrag
Die Grünen haben bessere Geheimdienstinformationen als die Bundesregierung, und sie zögern auch nicht, sie sofort öffentlich zu machen: der Robert war’s!

Viel Beifall für die Linke

In meinem persönlichen Abgesang auf die deutsche Linke blieb am Schluss noch ein Quäntchen Unsicherheit, was von der Partei „Die Linke“ bbtw17-bernd-tour-by-muenchen-kleinei dieser BTW zu halten sei.

Deshalb kam mir dieses Wahlplakat wie gerufen:
Der Parteivorsitzende Bernd Riexinger und die 2. der Landesliste Bayern und Kandidatin in München-Süd, Nicole Gohlke, sind heute bei mir ums Eck gemeinsam aufgetreten.

Das musste ich wissen:
Wie sind sie so drauf?
Was sagen sie?
Wie ist das Publikum?
Was ist mit dem Elefanten im Raum?

Mein Weg war kurz, denn die „Echardinger Einkehr“ ist eine sehr nette Münchner Wirtschaft mit Biergarten, in der ich gerne mal mit Freunden ein Bier trinke. Die Wirtschaft liegt ja ganz in der Nähe des Michaelibads,EchardingerEinkehrdes Bads im sozial schwierigen Bezirk, das sogar in Berlin bekannt ist.

Es war sehr nett

Das Publikum war sehr nett, eher etwas gesetzt und in meinem Alter+, ganz ähnlich wie bei Guido Reil, aber zahlreicher, ergänzt um mehr Jüngere, insgesamt vielleicht 250 Leute im vollen Saal. Die Umgebung war natürlich erheblich gediegener als der zugige Rosenkavalierplatz, und es wurde ordentlich gegessen und getrunken in der nicht spottbilligen Einkehr, wenn auch eher Kasspatzen als Boeuf Stroganoff.

Im Anschluss an die Wahlkundgebung fand noch eine Kreis-Mitgliederversammlung statt, bei der es vor allem um die Lage in der Pflege und an den Städtischen Kliniken München ging, die sich gerade in einer schweren Krise befinden. Deshalb war auch die Gesamt-Betriebsratsvorsitzende Ingrid Greif  anwesend und  sprach ein Grußwort. Sie bemerkte, dass „80% von dem, was die Zeitungen über das Klinikum schreiben, Mist“ ist. Es war eine Veranstaltung in bester sozialdemokratischer Tradition, nur ohne SPD.

Nicole Gohlke war sehr nett

NicoleGohlke

Sie hat sehr resolut und engagiert gesprochen. Über städtische Angestellte, Lehrer und Lehrerinnen mit Angst vor der nächsten Mieterhöhung, über die vielen Risse in Merkels heiler Welt des „Uns geht’s ja so gut!“.

So war die SPD vor 30, 35 Jahren. Ich weiß das so genau, weil ich damals dabei war, zum Beispiel bei Wahlkampfreden von Willy Brandt: ganz großer Bahnhof für einen sozialdemokratischen Helden. Und die vielen Risse in Kohls heiler Welt.

 

Es ist vieles so richtig

Nach 15 Minuten kam Bernd Riexinger. Ich habe nichts einzuwenden gegen das, was er über den lamentablen Zustand der gesetzlichen Rente in Deutschland gesagt hat, den erschreckenden Vergleich mit der Rente in Österreich, die um satte 800 Euro höher liegt, und damit für die meisten kleinen Rentner fast doppelt so hoch. Alles das kann man u.a. auf den Nachdenkseiten nachlesen. Riexinger hat das und noch viel mehr sehr gut referiert. Der Beifall kam reichlich, auch von mir. Das sind Fakten, die jeder kennen sollte.
Dass die Gewerkschaften zu defensiv sind, weil sie nur die Interessen der organisierten Mitglieder vertreten, weiß auch jeder.

Manches viel zu einfach

„Dass Kim verrückt ist, weiß jeder“, aber Trump ist übrigens „auch ein Riesenarschloch“, hat aber einen richtigen Satz gesagt: „Es gibt 3 Wege, um reich zu werden. Der erste ist ein fettes Erbe, von den beiden anderen brauche ich dann nicht mehr zu reden“.
„Spekulationen mit Wohnungen müssen verboten werden!“, „Mindestens 250.000 Wohnungen müssen pro Jahr gebaut werden“.

Und drei Dinge stören brutal

Die SPD sei ein ganz fieser Haufen. Man sei natürlich zu Rot-Rot-Grün bereit, aber nicht um jeden Preis, sondern nur zu den eigenen Bedingungen. Dabei ist RRG in Wahrheit ein goldenes Kalb, um das man tanzen wird, bis die Sonne endgültig hinter dem Horizont versinkt. Die Linke und die SPD werden nie freiwillig zusammenfinden, ebensowenig wie die KPD und die SPD freiwillig zusammengefunden haben. Keine Ahnung, ob es an der SPD oder der Linken liegt, im Zweifel an beiden. Jedenfalls ist bei der nominalen RRG-Mehrheit im aktuellen Bundestag genau eine gemeinsame Aktion herausgekommen: die gemeinsame Verteidigung von Kanzlerin Merkel in höchster Not. Derselben Merkel, die Riexinger den ganzen Abend verrissen hat.

Und der Ralf Stegner und die Hannelore Kraft haben vor den Landtagswahlen verkündet, dass es das Wichtigste sei „Die Linke“ aus dem Landtag herauszuhalten. Das ist beiden in den Wahlen ja auch gelungen, sonst aber nichts. Dabei dürfe es, so Riexinger, nicht darum gehen, die Linke aus den Parlamenten zu halten, sondern die AfD müsse aus den Parlamenten herausgehalten werden. Das ist herzallerliebst: die eigene, schmerzlich empfundene Totalausgrenzung ist ein großes Unrecht, das nur durch die Totalausgrenzung der AfD, jedes einzelnen AfD-Mitglieds wie Guido Reil wohlgemerkt, wieder gutgemacht werden kann (Umgekehrt ist es weder besser noch schlechter: die AfD greint über die eigene Ausgrenzung und fordert als Wiedergutmachung bedenkenlos die Ausgrenzung und Kriminalisierung der Linken).

Das dritte Riesenproblem ist der rosarote Elefant im Raum, über den Riexinger praktisch kein Wort verloren hat. Er spricht darüber ebenso ungern wie Angela Merkel. Dabei hat dieser Elefant natürlich sehr viel zu tun mit den steigenden Mieten für einfache Wohnungen, mit dem Druck auf die Löhne für einfache Arbeit, mit Geldmangel bei den Gesetzlichen Krankenkassen und mit schwindenden Bildungschancen in vielen Schulen. Das Totschweigen dieses rosaroten Elefanten mit ganz, ganz abstrakten Formeln von grenzenloser Solidarität scheint mir so etwas wie die fundamentale Lebenslüge der Linken zu sein. Es ist die Voraussetzung für Forderungen an Merkel, an Seehofer und an die bösen Reichen, alle Probleme mit immer mehr Geld zuzuschütten.

Fazit und Ausblick

Die Linken kann ich guten Gewissens nicht wählen,  dieses Mal nicht mehr. Zu groß scheint mir ihre Bereitschaft, auch die gewalttätige Auseinandersetzung mit der AfD zu unterstützen, jedenfalls nicht geringer als die Bereitschaft der Rechten, auch Gewalt gegen links zu unterstützen. Sie fühlen sich in ihrem Hass aufeinander gleichermaßen  im Recht, obwohl der Hass seine Schärfe daraus bezieht, dass sie ähnlich illiberal strukturiert sind.
Damit ist jetzt klar, dass ich guten Gewissens nur noch die FDP wählen kann oder eine Alternative, die sowohl das Rentenproblem ähnlich sieht wie die Linkspartei, als auch den rosa Elefanten rational anerkennt, den die Linke total verleugnet und die AfD zum alleinigen Problem erklärt.
Diese aus meiner Sicht einzige anständige Alternative zur FDP werde ich im nächsten Blogbeitrag vorstellen, dem letzten vor der Sommerpause.