Optimistische Vision der Nation

Am 24. Juni hat Radio France wieder ein Interview mit Emmanuel Todd gesendet, das sich auch direkt hier anhören lässt.

Ich übersetze das hier in Auszügen und stütze mich dabei auf diese Zusammenfassung in einem französischen Blog.

In Frankreich heißt regieren heute lügen

Die französischen Eliten funktionieren in einem Modus des Leugnens, des Surrealen, des Ankündigens. Um gewählt zu werden in Frankreich, muss man im Fernsehen auftreten, besser sein im Fernsehen. Und dann kommt man an die Macht, in den Elysée-Palast der Einfachheit halber, und kann nichts machen. Frankreich hat nicht die Option der Geldschöpfung. Die europäischen Regeln für die Wirtschaft verhindern jede Handlung zum Schutz der nationalen Industrien. Und am Ende findet man sich mit einer massiven Desindustrialisierung wieder und mit einer Arbeitslosigkeit von 10%. Und man kann nichts machen.

Regieren heißt, eine Wahl zu treffen, um die Formel von Mendès-France aufzunehmen. Aber heute in Frankreich heißt regieren lügen. Man lügt über die Vorzüge des Euro. Man lügt über den Wohlstand, den uns die Globalisierung bringen wird, über die Notwendigkeit der Öffnung der Grenzen….
Es ist schwierig für die Leute zu verstehen, aber man hat die Lüge klar vor sich gesehen. Das Virus – wenn man keine Masken hat, weil wir keine Industrie mehr haben, werden wir in flagranti beim Lügen erwischt. Jérôme Salomon [Direktor der Gesundheitsbehörde] erschien jeden Abend mit einer neuen Lüge, und ich war sehr überrascht, dass seine Nase nicht länger wurde.

Die Leute müssen verstehen, dass, wenn sie vom Euro reden, wenn sie von Grenzkontrollen reden, ich meine im kommerziellen Sinne, unsere Regierenden sich ungefähr ebenso sehr im Zustand der systemischen Lüge befinden, wie wenn sie uns vom Stand der Epidemie erzählen, von unseren Masken usw.

Die nationale Idee hat verlorenen Boden wiedergewonnen, aber es fehlt der Glaube an die Nation

Die Epidemie hat eine französische Regierung gezeigt, und viele europäische Regierungen, die außerstande ist zu handeln. Das Problem der Globalisierung und Europas, das ein Teil des Problems der Globalisierung ist, ist, dass sie die nationalen Regierungen außerstande setzt zu handeln. Die Leute spüren, verstehen das.

Die nationale Idee hat verlorenes Terrain wiedergewonnen. Das Problem ist, dass die nationale Idee eine kollektive Regung ist, die einen einen bestimmten Typ eines kollektiven Glaubens erfordert, der analog und ähnlich ist einem religiösen Glauben, der in Wahrheit alle Individuen in einem selben Glauben vereint.

Aber die sozialpsychologischen Entwicklungen der fortgeschrittenen Gesellschaften, gewisse Formen von Individualismus, der Rückzug von Glaubensbekenntnissen jeder Art, das universelle Gefeixe, das uns im Fernsehen so gut unterhält, alles das sorgt dafür, dass wir nicht handeln können. Wir sehen schon in den Meinungsumfragen, dass wir in Gefahr sind, dem traditionellen politischen Chaos ausgesetzt zu werden, mit einem Präsidenten, der durch Zufall gewählt wird und weil es sonst keinen gibt. Es gibt eine Art von psychologischer und sozialer Blockade der Gesellschaft, die sich nicht auf dem Niveau der Ideen befindet. Was sorgt dafür, dass wir unfähig sind, zusammen an ein gemeinsames Ziel zu glauben?

Wenn Frankreich seine Souveränität wiedergewinnen will, muss es sich auf alle seine Bürger stützen…einschließlich der 20%, die muslimische Vornamen tragen

Welche Probleme hat der Souveränismus in Frankreich? In dem, was die Souveränisten sagen, in der ökonomischen Analyse, der sozialen Analyse, der Konzeption einer Demokratie, die nur funktionieren kann im Rahmen einer Nation, und einer Geschichte, stehe ich ihnen sehr nahe. Aber wenn man die Milieus der Souveränisten kennt, wenn man die Leute sieht, die vom Souveränismus schreiben und die von ihm reden, wird einem klar, dass sie keine grundsätzlich optimistische und inklusive Vision der Nation haben.

Für mich gibt es eine Vorbedingung für die Renaissance der Nation und für den Austritt aus dem Euro, nämlich, dass bevor die französische Gesellschaft von ihr selbst wieder in die Hand genommen wird, von ihrem politischen System und ihren Bürgern, muss man laut und deutlich erklären, dass alle Leute, die da sind, unabhängig von ihrer Herkunft Franzosen sind. Man muss sich mit Optimismus auf die Frage des Islam und die Parallelgesellschaften einlassen. Man muss die Realität der kleinen Unterschiede akzeptieren, die weiter existieren. Wir müssen zurückkehren in eine etwas diversere und brüderlichere französische Welt als zuvor, in der die beinahe 20% der Leute, die muslimische Vornamen tragen, Franzosen sind.

In den souveränistischen Milieus – nicht in allen – ist die Kraft des Souveränismus oft ein wenig proportional zu dieser internen Xenophobie. Sie werden Leute finden, die Ihnen sagen, nach den Studien von Fourquet, dass 20% Franzosen mit ausländischen Wurzeln ein Riesenproblem sind.
Wenn sie denken, dass das ein Riesenproblem ist, ist Frankreich erledigt.
Eine Nation von der Größe Frankreichs muss sich, wenn sie ihre Souveränität wiedergewinnen will, auf alle ihre Bürger stützen. Das souveränistische Projekt, sofern es sich nicht als Priorität die optimistische Integration der Leute mit Migrationshintergrund in einer Art neuem Verbandsfest vornimmt, ist zum Scheitern verurteilt, und ich werde es im Wesentlichen ebenso lächerlich finden wie den Elitismus, die Herrschaft der Enarchen und die Proeuropäer.

Meine Anmerkungen

  1. Howgh, der Linksouveränist hat gesprochen!
  2. Er hat es aktuell für besonders nötig gefunden, diesen Zwischenruf abzusetzen
  3. Sein Standpunkt, dass in Frankreich lebende Migranten integriert werden müssen, wenn die franz. Nation eine Chance haben soll, ist kein Plädoyer für unbegrenzte Einwanderung, sondern für Pragmatismus
  4. Mein Respekt vor dem Denker Emmanuel Todd ist so groß, dass ich das hier wiedergebe, unabhängig davon, ob es mir schmeckt oder nicht:
    Es ist seine Meinung, und sie ist (wie eigentlich immer) bedenkenswert.

Die deutsche Polarisierung

Übersetzung aus dem Buch “L’invention de l’Europe” von E. Todd
Tod der Religion, Geburt der Ideologie
Kapitel 9: Autorität und Ungleichheit, Deutschland

Dieses Kapitel aus dem insgesamt sehr lesenswerten, aber nur auf Französisch verfügbaren Buch (andere Kapitel auf Deutsch hier) testet an Deutschland die Hypothese, dass die Werte des Familiensystems  eines Landes maßgeblich seine Geschichte bestimmen und sich in ihr widerspiegeln.  Gleichzeitig zeigt es, wie eng die linke und rechte Ideologisierung in Deutschland mit dem Verlust religiöser Gewissheiten Hand in Hand ging, in diesem Fall des protestantischen Glaubens.
In  der aktuellen Lage ist dieses Kapitel zugleich sehr gut geeignet, um zu verstehen, wie die in Deutschland  starke und gefährliche Neigung zur Polarisierung der politischen Auseinandersetzung weiterhin existiert und sich gelegentlich an allzu symbolischen Themen entzündet.

Hier also nun in Auszügen der Originaltext in meiner Übersetzung:

Die deutsche Sozialdemokratie

Der deutsche Sozialismus schreitet im Rhythmus der Entchristlichung voran, soweit, dass die beiden Phänomene – das eine ideologisch, das andere religiös – ein einziges darzustellen scheinen. Die deutsche Sozialdemokratie wird offiziell 1875 geboren, auf dem Parteitag von Gotha, als Zusammenschluss von zwei Grüppchen…
Die Existenz des Allgemeinen Wahlrechts ab 1871 erlaubt es, den unaufhaltsamen Aufstieg dieser Sozialdemokratie zu verfolgen, der mächtigsten in Europa am Vorabend von 1914:

AufstiegSPD

Der Großteil ihres Wachstums findet zwischen 1887 und 1912 statt, wo sie von 10 auf 35% der abgegebenen Stimmen anwächst. Die Sozialdemokratie startet also erst ab dem Moment durch, wo sich die Entchristlichung beschleunigt, also gegen Ende der 1880er[1] Jahre.
Die Zahlen, die das nationale und globale Voranschreiten der deutschen Sozialdemokratie beschreiben, geben allerdings nur eine unvollständige Beschreibung des laufenden Prozesses. Vor 1914 folgt das Wachstum der Entchristlichung: es ist also besonders massiv in den protestantischen Regionen, wo die Ausübung der Religion in sich zusammenfällt; es ist schwach in denjenigen, wo die Religion (also der Katholizismus) standhält:

ZentrumSPDAntisemitismus

Nationalsozialismus

Das Industrierevier an der Ruhr, katholisch, ist keine sozialdemokratische Festung. In Sachsen, in Hessen, in Berlin, im Herzen des entwickelten und dicht besiedelten protestantischen Deutschlands findet der wesentliche Machtzuwachs der Sozialdemokratie statt. In diesen Regionen überschreitet der sozialistische Stimmanteil oft die absolute Mehrheit. 1903 erhält die Sozialdemokratie in Sachsen 59% und 22 von 23 Sitzen; in Berlin 67% und 5 von 6 Sitzen. In diesen Regionen ist sie nicht nur eine mächtige Partei, sie ist eine dominierende Partei…

Am Vorabend von 1914 ist die Sozialdemokratie auf Reichsebene mächtig, ohne eine Mehrheit zu haben, weil sie ja nur etwas mehr als 1/3 der Stimmen erhält. Im protestantischen Deutschland hat die Sozialdemokratie häufig eine Mehrheit, ist aber von der Macht durch ein System (Anmerkung des Übersetzers: das „Dreiklassenwahlrecht“ in Preußen) ausgeschlossen, das faktisch den Fortbestand der Stände des Ancien Régime sicherstellt…

Autorität und Organisation

…Von 1900 an wird die deutsche Sozialdemokratie durch ihre Praxis besser definiert als durch ihre (marxistische) Theorie.
Nach Ebert, der 1913 Bebel an der Spitze der Partei nachfolgt, gilt:
Der Sozialismus ist die Organisation. Die Desorganisation ist der schlimmste Feind des Sozialismus“ [2]
Die Liebe zur Partei definiert besser als jedes doktrinäre Element das Wesen der deutschen Sozialdemokratie und stellt sie Zug um Zug in Gegensatz zum Pariser oder andalusischen Anarcho-Sozialismus.
Die sozialdemokratische Partei ist die erste der großen Massenparteien mit außerparlamentarischem Ursprung, um die Klassifikation von Maurice Duverger heranzuziehen, der politische Organisationen danach unterscheidet, ob sie im oder außerhalb des Parlaments, also in der Gesellschaft selbst, entstehen. Die sozialdemokratische Partei wird sehr schnell eine außergewöhnliche Maschine, trotz der Bismarck’schen Verfolgungen der Jahre 1878-1890. 1912 hat sie 700000 Mitglieder, besitzt ungefähr 100 Zeitungen, stützt sich auf mächtige Gewerkschaften und kontrolliert unzählige Kulturvereine, die sich dem Gesang, Theater oder der Leseförderung widmen. Sie bezahlt mehrere Tausend festangestellte Mitarbeiter. Ihre 110 Parlamentarier im Reichstag bringen politisch weniger Gewicht auf die Waagschale als ihre Bürokratie.
Diese Eignung zur Organisation ist lediglich die sozialistische Variante einer allgemeinen Eignung der deutschen Kultur zur Organisation, die sich vom Autoritätsprinzip ableitet, das der Stammfamilie eigen ist. Die familiäre Disziplin wird zur Disziplin des Parteigängers….

Der ethnozentrische Nationalismus

Die nationalistische deutsche Ideologie wird „rechts“ geboren[3], als Zeitgenossin der Sozialdemokratie, des anderen Produkts der Entchristlichung.  Der Nationalismus  läuft dem Sozialismus jedoch immer ein Stück nach. Zunächst natürlich, weil er einem defensiven antisozialistischen Reflex folgt und die Existenz einer Bedrohung voraussetzt, vor der er anscheinend Deutschland beschützen will. Aber auch, weil die Entchristlichung  in der Arbeiterklasse schneller voranschreitet als in den Mittelschichten: die Ideologisierung des Proletariats  hat deshalb einen Vorsprung vor der der Aristokratie und des Bürgertums, Klein- oder Großbürgertum. Der Vorsprung beträgt nur einige Jahre. Die Sozialdemokratie startet zwischen 1887 und 1903 durch, der Pangermanismus erlebt seine Blüte zwischen 1900 und 1914.

Der deutsche Nationalismus nimmt sofort eine spezielle Form an: anti-universalistisch. Er besteht auf der Existenz einer germanischen Essenz, die eine spezielle Mission des Reichs definiere. Die ‚Botschaft von Fichte‘[4] verbreitet sich. Die Gefahr für Europa kommt daher, dass Deutschland tatsächlich dabei ist, die erste Macht Europas zu werden. Es wächst von 46 auf 63 Millionen Einwohner zwischen 1880 und 1908. Seine Industrie lässt diejenige Großbritanniens weitgehend hinter sich. Der Traum scheint wahr zu werden. 1893 wird der Alldeutsche Verband gegründet, eine Vereinigung und Lobbyorganisation, die in den wichtigsten Parteien der Regierungskoalition nach 1900 vertreten ist[5]. Das Streben nach europäischer  und weltweiter Führung veranlasst Deutschland, sich zunächst mit Russland anzulegen, dann mit Großbritannien. Der Bau einer Kriegsflotte, die es mit Englands Hegemonie auf dem Meer aufnehmen soll, steht im Zentrum der neuen Außenpolitik. Die Alldeutschen nehmen das britische Empire als erste Weltmacht wahr, deren Platz man einnehmen müsse. Das schon 1870 geschlagene Frankreich wird nicht mehr ernst genommen. Russland, dessen demografisches und industrielles Wachstum korrekt wahrgenommen wird, wird nur als langfristige Bedrohung gesehen. Ein Verein für die Ermutigung zur Seepolitik, der Flottenverein, dramatisiert den Konflikt mit England…
Die Machtzunahme der nationalistischen Ideologie ist im Inneren spürbar. Der gleichzeitig antagonistische und komplementäre Charakter der sozialdemokratischen und der alldeutschen Ideologien scheint deutlich bei den Wahlen von 1907 auf, anlässlich derer der Reichskanzler von Bülow  eine nationalistische Thematik durchsetzt. Die Hottentotten-Wahl findet in einem Klima der  kolonialen Konfrontation mit England  statt. Nun aber erlaubt der Appell an den Nationalismus der Regierung tatsächlich, ein Mal das sozialistische Wachstum zu blockieren. Die SPD fällt von 31,7 auf 28,9% der abgegebenen Stimmen…

Der Antisemitismus

Die Definition des germanischen Menschen führt zum Gegenbild des Juden, negative Inkarnation der deutschen Tugenden. Mitte der 1870er Jahre erfindet Wilhelm Marr das Wort Antisemitismus. Sein Bestseller Der Sieg des Judentums über das Germanentum erreicht 12 Auflagen in 6 Jahren. 1879 wird die Antisemiten-Liga gegründet, der erste politische Verein, der aus dem Hass gegen den Juden seine wesentliche Motivation macht. Die Entstehung des Antisemitismus markiert die Mutation des Nationalismus des doktrinären Zeitalters, vertreten durch Fichte oder Hegel, in das ideologische Zeitalter, das charakterisiert wird durch die Anhängerschaft großer Massen an das Ideal der Ungleichheit der Menschen. Man hätte es schwer, bei Hegel eine Denunziation der schädlichen Natur des Juden zu finden. Im Gegenteil enthalten die Grundlinien der Philosophie des Rechts eine Verteidigung der Idee der Emanzipation. Der Zusammenbruch des christlichen Glaubens ist notwendig für die Verbreitung des modernen Antisemitismus. Der christliche Glaube, protestantisch oder katholisch, etabliert zu gut die Verwandtschaft des Juden und des Christen. Der Tod Gottes zieht den von Christus nach sich, das heißt dieses Juden, der Europa seine Religion gab. Das theoretische Band zwischen Juden und Nichtjuden löst sich auf. Die Identifikation ethnischer und biologischer Unterschiede wird möglich. Der Darwinismus gibt sich nicht damit zufrieden, den Glauben an das Alte Testament und die Genesis zu zerstören, er kommt für die ideologischen Rassisten der Jahre 1880-1914 bei der Konkurrenz der Arten an. Die Juden sind kein auserwähltes Volk mehr, das sich irrt (die christliche Sicht), sondern eine Art (Rasse) die gleichzeitig niedriger und gefährlich ist. Das Buch von Marr wird von Pulzer richtig als „Darwin für 5 Pfennige“ beschrieben.
Nach dem ersten Fieber der 1870er Jahre, stellen die 1880er Jahre der Latenz dar, in der der Antisemitismus  auf Berlin beschränkt bleibt. Aber 1887 wird der erste antisemitische Abgeordnete in den Reichstag gewählt. 1890 sind es 5, 1893 16 (Höchststand), 1898 nur 13. Später werden die Etiketten weniger klar. Oder vielmehr hört der Antisemitismus auf, eine spezielle Doktrin zu sein, um das gemeinsame Erbe der deutschen Rechten zu werden… Ab 1900 ist der Antisemitismus nirgendwo mehr, weil er überall ist. 1913 präzisiert der Deutschnationale Handelsgehilfenverband DHV durch einen Zusatz zu seinen Statuten, dass er nicht aufnimmt „Juden und alle diejenigen, die Nationen oder Rassen angehören, die bewusst gegen das Deutschtum gerichtet sind“. Zur damaligen Zeit hatte der DHV 148000 Mitglieder gegen 12380 bei der sozialdemokratischen Konkurrenzgewerkschaft. Besonders interessant ist die Selbstfestlegung der Mittelschichten auf das reine Ariertum, die die gleichzeitige Zurückweisung des Arbeiters und des Juden mit sich bringt, zweier andersartiger und minderwertiger Wesen. Die Welt der Angestellten, die gleichzeitig abhängig beschäftigt und entchristlicht sind, ist besonders anfällig für die antisemitische Ideologie. Die gleichzeitige Zurückweisung der Arbeiter und der Juden durch die Mittelklassen endet in einer objektiven Solidarität: die Sozialdemokratie wird effektiv die Partei der Arbeiter und der Juden. Zwischen 1871 und 1884 umfassten die 14 jüdischen Reichstagsabgeordneten 3 Rechtsliberale, 8 Linksliberale und 3 Sozialdemokraten. Von 1890 an gehörten fast alle jüdischen Parlamentarier der Sozialdemokratie an.

Antisemitismus gegen Sozialdemokratie

Antagonismus und Komplementarität sind die Konzepte, die gemeinsam am besten die Beziehungen zwischen Antisemitismus und Sozialdemokratie  in der deutschen Kultur der Jahre 1870 bis 1914 beschreiben. Die Sozialdemokratie ist die deutsche Form des sozialistischen Anwachsens. Der Antisemitismus konzentriert und fasst die härtesten Tendenzen des deutschen Nationalismus zusammen. Sozialdemokratie und Antisemitismus werden nacheinander aus dem Prozess der Entchristlichung geboren. Der Antagonismus und die Komplementarität lassen sich in der Zeit und im Raum begreifen.
In der Zeit folgen die antisemitischen Schübe denjenigen der Sozialdemokratie. Die erste antisemitische Phase folgt in der zweiten Hälfte der 1870er Jahre der Gründung der Sozialdemokratie. Die relative sozialistische Stagnation zwischen 1877 und 1885 verlangsamt das Fortschreiten des Antisemitismus. Das sozialistische Durchstarten der Jahre 1887-1893 führt zum ersten politischen und parlamentarischen Erscheinen des Antisemitismus. Die Sozialdemokratie erreicht 23,3% der Stimmen; die antisemitischen Gruppen erreichen 16 Abgeordnete, aber, man muss es festhalten, nur 2,9% der Stimmen. In der Folge entspricht die Verallgemeinerung des antisemitischen  Sentiments in der deutschen Rechten der Stabilisierung der Sozialdemokratie als dominierende Kraft der Linken.
Im Raum ist die Beziehung von Komplementarität und Antagonismus nicht weniger frappierend. Die Zonen des Wachstums des Wahl-Antisemitismus, die Hessen, Sachsen, Thüringen und Berlin sind, sind auch diejenigen der Entwicklung der Sozialdemokratie, selbst wenn der Antisemitismus nur an den Rändern der sozialdemokratischen Einflusszone siegreich ist. Von den 16 antisemitischen Sitzen von 1893, liegen 8 in Hessen, 6 in Sachsen und 2 weitere in Preußen östlich der Elbe….
Man kann jedoch nur betroffen sein vom Antisemitismus der sächsischen Rechten, der in einer Region gedeiht, wo die Juden kaum 0,25% der Bevölkerung stellen. Das Paradox geht bis auf die Ebene von ganz Deutschland: in diesem Land, dessen Rechte 1914 vom Antisemitismus zerfressen ist, gibt es weniger als 1% Juden. Die quantitative Bedeutungslosigkeit der jüdischen Frage wird die Entstehung des Nationalsozialismus  nicht verhindern. Zwischen 1928 und 1932 wird der Antisemitismus der fundamentale strukturierende Faktor des deutschen Nationalismus. Am Vorabend von 1914 ist er erst ein wichtiges aber sekundäres Element.

Der Nationalsozialismus:
Vollendung und Überschreitung des Antisemitismus

Das Auftauchen des Nationalsozialismus wird oft als Ergebnis des Zusammenspiels von zwei Arten der Verzweiflung dargestellt. Zunächst der Wirrnis, die durch die Niederlage (von 1918) und den  Zusammenbruch der traditionellen Monarchie erzeugt wurde; dann der Konjunkturpanik, die durch die große Wirtschaftskrise von 1929 ausgelöst wurde. Der bestimmende Einfluss der Arbeitslosigkeit, der 6 Millionen Deutschen gegen 1930 ihre regelmäßige Beschäftigung nimmt, kann nicht geleugnet werden. Aber man hätte Unrecht, die Machtergreifung der Nationalsozialistischen Deutschen Arbeiterpartei (NSDAP) und Hitlers als die Wirkung nur dieser beiden Faktoren zu betrachten. Die einfachste und direkteste vergleichende Geschichte zeigt insbesondere, dass eine streng wirtschaftliche Interpretation ungenügend ist: die Existenz einer Masse von 10 Millionen Arbeitslosen erlaubte in den Vereinigten Staaten den Triumph von Roosevelt, d.h., einer reformistischen Politik, die in keiner Weise die Prinzipien der liberalen Demokratie in Frage stellte. Möglich geworden durch die weltweite Wirtschaftskrise ordnet sich der Nationalsozialismus doch auch in eine deutsche ideologische Kontinuität ein, die nicht in Zweifel gezogen werden kann. Er findet in Deutschland die anthropologischen und religiösen Grundlagen, die für seine Entwicklung unverzichtbar sind. Er ist der Endpunkt der ethnozentrisch-nationalistischen Ideologie, die er in einigen wichtigen Aspekten überschreitet. Der Nationalsozialismus interpretiert in der irrsinnigsten Weise die Werte der Autorität und der Ungleichheit, die von der Stammfamilie getragen werden, indem er sie auf den Begriff der ‚Rasse‘ bezieht, wobei der Ausdruck in seiner biologischen Bedeutung herangezogen wird.
Der Autoritarismus impliziert hier eine Absorption des Individuums durch die Rasse, einer transzendenten Kategorie. Der extremistische Charakter des Rassenkonzepts kommt daher, dass die Zugehörigkeit zu dieser Gruppierung vollkommen ohne Bewusstsein und Willen auskommt. Die Unterwerfung unter Gott, unter den Staat, unter das Edle, unter die Kirche setzte eine minimale bewusste Zustimmung voraus. Die Hypothese eines genetisch bestimmten Wesens zerstört die theoretische Möglichkeit einer Auflehnung des Individuums. Die Hitler’sche Theorie ordnet also den Staat der Rasse unter:
Die grundsätzliche Erkenntnis ist dann die, daß der Staat keinen Zweck, sondern ein Mittel darstellt. Er ist wohl die Voraussetzung zur Bildung einer höheren menschlichen Kultur, allein nicht die Ursache derselben. Diese liegt vielmehr ausschließlich im Vorhandensein einer zur Kultur befähigten Rasse. Es könnten sich auf der Erde Hunderte von mustergültigen Staaten befinden, im Falle des Aussterbens des arischen Kulturträgers würde doch keine Kultur vorhanden sein, die der geistigen Höhe der höchsten Völker von heute entspräche[6]
In dieser Vorstellung leitet sich die Ungleichheit der Menschen von der Existenz der Rassen ab, von denen manche wie die Slawen und Juden den Ruf von Minderwertigkeit haben und andere, wie die Arier, als höherwertig betrachtet werden. Die Kontinuität vom Pangermanismus zum Nationalsozialismus ist evident, ohne vollständig zu sein. Der Nationalsozialismus  kommt in der Praxis bei der banalen Definition eines deutschen Menschen an, der anderen Europäern überlegen ist, dessen Individualität aber geleugnet wird, der absolut unterworfen ist diesem höheren Wesen, das Deutschland ist. Aber wichtige theoretische Unterschiede zwischen Nationalsozialismus und Pangermanismus müssen unterstrichen werden. Der autoritäre und inegalitäre Radikalismus führt den Nationalsozialismus über eine Vergötterung Deutschlands, seines Volkes und seines Staates hinaus. Die zentrale positive Persönlichkeit des Hitler’schen Deliriums ist nicht der Deutsche, sondern der Arier, der seiner Rasse noch stärker unterworfen ist als der Deutsche seinem Staat. Der Nationalsozialismus verwirklicht in extremer Weise, das autoritäre und inegalitäre Potenzial der Stammfamilie, aber so, dass er es abhebt und ablöst von jedem konkreten historischen und kulturellen Träger. Denn wenngleich die Deutschen als Volk existieren, bilden die Arier ihrerseits eine mythische Kategorie auf dem rassischen Feld. Der Begriff des Ariers, die Idee der Rasse verabsolutieren die Ideale von Autorität und Ungleichheit. Der Radikalismus dieser mythologischen Konzepte erlaubt es, ihre Anwendung von der deutschen Wirklichkeit zu entkoppeln: nicht jeder Deutsche ist ein Arier, der über allen Nicht-Deutschen steht. Deutschland selbst wird von seinen  Kranken, seinen Verrückten, seinen Homosexuellen gereinigt werden müssen. Als einfache Umsetzung des Prinzip vom Ariertum wird Deutschland nicht gerettet werden dürfen, wenn es erst einmal von der Koalition der minderwertigen Rassen besiegt worden ist. Zwischen 1943 und 1945 ist Deutschland eines der Opfer des Nationalsozialismus. Hitler strengt sich an, es durch den totalen Krieg ins Grab zu bringen. Er ist kein Nationalist im traditionellen Sinn des Wortes. Er führt das Ideal der Ungleichheit der Menschen über das Konzept der Nation hinaus.
Der Nationalsozialismus universalisiert die Ideologie der Ungleichheit. Er erlaubt in nicht-germanischen Ländern, frei oder besetzt, das Auftauchen von Adepten der Doktrin, die sich mit dem Ariertum identifizieren, ohne deutsch zu sein. Der Judenhass erleichtert diese Internationalisierung  des Ideals der Ungleichheit. Der Jude ist überall, er verkörpert überall das minderwertige Wesen, das schädliche Prinzip, das man zerstören muss; vor allem definiert er auf negative Weise die dominierende Rasse, weil er das Gegenteil des Ariers ist.

[1] Anmerkung des Übersetzers: zuvor war diese Entchristlichung (allein des protestantischen Deutschlands) sowohl durch Bücher der 1880er Jahre, u.a. Nietzsche, als auch durch einen scharfen Rückgang des protestantischen Kirchbesuchs ab 1890 datiert worden.

[2] Von Friedrich Stampfer im Parteiblatt ‚Vorwärts‘ berichtete Meinungsäußerung, siehe Gordon Craig, Germany 1866-1945, S. 403

[3] Anmerkung des Übersetzers: Der Satz klingt in deutschen Ohren redundant, weil hierzulande Nationalismus grundsätzlich ‚rechts‘ verortet wird. Das ist aber ein (ethnozentrisches) Vorurteil: Der französische Nationalismus hat starke Wurzeln in der Franz. Revolution und ist deshalb auch „links geboren“.

[4] Diese erläutert Todd zu Beginn des Kapitels mit Bezug auf die „Rede an die deutsche Nation“ als anti-universalistisch und anti-individualistisch.

[5] P.G. Pulzer: The Rise of Political Antisemitism in Germany and Austria, S. 229. Zwischen 1894 und 1914 gehörten 60 Reichstagsabgeordnete dem ‘Alldeutschen Verband’ an: 15 antisemitische, 9 konservative, 8 Mitglieder der Reichspartei, 28 nationalliberale. Das Buch von Pulzer ist insgesamt von außergewöhnlicher  Qualität.

[6] Auszug aus mein Kampf, S. 389

Meine Kommentare mit Blick auf die heutige Situation:

  • Der autoritäre Charakter der deutschen Sozialdemokratie und die Unterordnung der Abgeordneten unter den Willen der Partei bzw. ihrer Führung, die Gordon Craig so schön für das Kaiserreich u.a. mit einem Ebert-Zitat illustriert hat, findet sich bis heute mühelos in den Tweets führender SPD-Politiker:
    StegnerGoodie
    Ist es nicht köstlich und furchtbar komisch, wenn diese Leute mit einem ganz autoritären Politikverständnis („Klappe halten! Einig sein!“)  dann auch noch ständig davon reden, wie liberal sie sich vorkommen?
  • Todds These lautet verkürzt, dass sich Sozialdemokratie und ethnozentrischer Nationalismus von 1875 bis 1914 aneinander hochgeschaukelt haben. Sie sind nicht rein antagonistisch, sondern durchaus komplementär, da aus demselben Holz gewachsen. Der zitierte Friedrich Ebert war ja schließlich 1914 kein Antagonist des Regimes mehr, sondern hat die SPD in die große Kriegskoalition geführt, Kriegsgegner aus der Partei geworfen und nach dem Desaster gemeinsame Sache mit dem angeblich gegnerischen Militär gemacht, um die Aufstände niederzuschlagen. Diesen Teil ihrer Geschichte und Eberts kehrt die SPD ganz gerne unter den Teppich, aber insbesondere der nicht-linke Sebastian Haffner hat sich darum verdient gemacht, ihn sachlich zu thematisieren: In entscheidenden Momenten der dt. Geschichte machte die SPD immer wieder gemeinsame Sache mit ihren angeblichen Gegnern und auf Kosten vitaler Interessen der Bevölkerung.
  • Auslöser sowohl für den Aufstieg der SPD als auch des völkischen Nationalismus war nach Todd und mit guten Argumenten der Zerfall des protestantischen Glaubens und der Kampf verschiedener Bevölkerungsschichten um einen Platz in einer sich (demografisch, technisch, wirtschaftlich) schnell verändernden Welt
  • Der Jude wurde gewissermaßen zum Kristallisationspunkt dieses Kampfes: als Sündenbock, als Feindbild, als Antithese zu Tugenden, die aus ganz anderen Gründen unter Druck waren.
  • Und genau diesen Mechanismus der Polarisierung kann man nach meiner Meinung heute auch heute wieder beobachten. Er wirkt von zwei Seiten gleichzeitig. Einerseits kann gerade die SPD abweichende und durchaus berechtigte Einwände gegen Fehler bei der Einwanderung in ihren Reihen weniger dulden als jede andere Partei. Damit treibt sie unwiderstehlich und traumwandlerisch auch gemäßigte Kritiker und verdiente Sozialdemokraten wie Guido Reil in die Arme der AfD.
  • Andererseits ist die SPD auch für Islamkritiker und die AfD das allerliebste Feindbild, und kommt immer wieder wegen der Haltung zum Islam heftig unter Feuer. Die SPD entwickelt sich zu etwas wie einem geschützten Raum für Muslime, die politisch aktiv werden wollen. Kein Wunder, wo doch eine einzelne Abgeordnete mit Kopftuch auf dem Ticket der FDP solches Wutgeheul auslöst:
    WahlplakatKilic
  • Die Wut über diese kommunale Kandidatur einer verschleierten Frau halte ich für überdreht. Ich kenne solche Frauen ebenfalls aus dem Elternbeirat einer Kita, wo sie tatsächlich gute Arbeit leisten. Warum nicht in einem Gemeinderat? Warum nicht auf der Liste einer liberalen Partei? Ohne dass die einzelne Person und ihre tatsächliche Arbeit betrachtet wird, und das wäre Sache der örtlichen FDP und der örtlichen Wähler in Neumünster, sollte ein Kopftuch allein keine nationale Aufregung verursachen. Diese ist nicht nur überzogen, sondern auch unklug.
  • Ein großer Unterschied von damals zu heute besteht darin, dass die SPD aus wirtschaftlichen und demografischen Gründen keine Partei im rasanten Aufstieg, sondern im rasanten Abstieg ist. Ebenso ist Deutschland demografisch kein aufstrebendes, sondern ein schrumpfendes Land. Beides hilft womöglich, eine Katastrophe wie 1914 oder gar 1933 zu vermeiden.
  • Eine große Gemeinsamkeit mit damals besteht aber darin, dass Deutschland vor dem Hintergrund scheinbaren wirtschaftlichen Erfolgs in eine schwere gesellschaftliche Krise gerutscht  ist. Die Lage ist sehr gefährlich und polarisiert sich fortlaufend durch Fehler und Eskalation auf beiden Seiten sowie einer Regierung, die bewusst Öl in das schon lange schwelende Feuer gegossen hat. Man möchte gar nicht wissen, wie es weitergeht, falls auch die wirtschaftliche Scheinblüte in eine Krise mündet.

Nachtrag 22.06.2018
Dieser Beitrag in der FAZ wirft einen etwas anderen Blick auf das Deutsche Kaiserreich: Das deutsche Kaiserreich war um 1900 ein Laboratorium des demokratischen Aufbruchs. Trotzdem hält sich in Öffentlichkeit und Wissenschaft die Legende vom deutschen Sonderweg, einem Land unter der Pickelhaube

Macron über seine Nation

Emmanuel Macron gilt als aussichtsreichster Kandidat für die französische Präsidentschaft. Ob das stimmt, muss sich noch zeigen, denn sehr viele Wähler sollen noch unentschlossen sein und im Zusammenhang damit kann das Wahlverfahren mit zwei Durchgängen zu großen Überraschungen führen.
Trotzdem ist es Zeit, sich ein wenig mit den politischen Aussagen Emmanuel Macrons auseinanderzusetzen, denn klar ist, dass er mit Marine Le Pen, François Fillon und inzwischen auch Jean-Luc Mélenchon zu den vier aussichtsreichsten Kandidaten in einem recht engen Rennen zählt. Heiner Flassbeck hat bereits vor einigen Wochen geschrieben, dass sein Wirtschaftsprogramm von einem keynesianischen Standpunkt aus gar nicht so schlecht aussieht, deutlich besser jedenfalls als das von Fillon. Inzwischen hat sich das auch in einer Kritik an Deutschlands Exportüberschüssen niedergeschlagen, die hierzulande zur Kenntnis genommen und kommentiert wird. In Frankreich hatte es zuvor Fillon-freundliche Stimmen gegeben, dass Schäubles öffentliche Parteinahme für Macron nach hinten losgehen könnte. In Deutschland wiederum stimmt jetzt angesichts berechtigter Kritik mancher die larmoyante Klage über Vorurteile an.

In diesem Beitrag soll es nicht um Wirtschaftspolitik gehen und nicht um Macrons Verhältnis zu Deutschland, sondern allein um seine Aussagen über Frankreich und sein Selbstverständnis als Kulturnation. Diese dürften für deutsche Ohren einige Überraschungen im Ton und im Inhalt bergen. Dem Meinungsmagazin Causeur hat er ein Interview dazu gegeben:

„Frankreich war niemals und wird niemals eine multikulturelle Nation sein“

Causeur: Nach der Polemik, die von Ihren Erklärungen in Algerien ausgelöst wurde, haben Sie Wert darauf gelegt, auf die Frage der Identität zurückzukommen mit einem Podiumsgespräch im Figaro und einem Gespräch mit JDD. Es geht darum, Sie wissen es, dass es für die Franzosen wichtig ist, zu definieren und zu bewahren, was aus uns ein Volk macht. Trotzdem hat man den Eindruck, dass diese Themen Sie nicht begeistern und ansprechen. Sie sagen, dass „unsere Nation aus Verwurzelung und Öffnung gemacht ist“, aber jenseits von einigen symbolischen Gesten werden Sie mehr als der Kandidat des Neuen und der Öffnung wahrgenommen als derjenige der historischen Verwurzelung. Akzeptieren Sie diese Diagnose?

Emmanuel Macron: Ich akzeptiere sie nicht, aber sie überrascht mich kaum. Zunächst: Sind wir so sicher, dass die Identität nicht im Zentrum des Wahlkampfs steht? Ich selbst höre die Reden von Frau Le Pen über die Grenzen und die Worte von Herrn Fillon über den „antifranzösischen Rassismus“. Wenn Sie den Eindruck haben, dass dieses Reden nicht fruchtet, dann liegt das daran, dass es die Tiefen des französischen Volkes nicht erreicht. Der französische Geist lebt nicht in diesem verengten Kult einer idealisierten Identität. Er lebt auch nicht im Multikulturalismus, diesem Nebeneinanderstellen von geschlossenen Gemeinschaften. Der französische Geist ist etwas Imaginäres, das wir teilen. Dieses Imaginäre ist in unserer gemeinsamen Sprache verankert. Das ist unsere erste Verwurzelung. Es ist in einer Geschichte verankert, in Gebieten und Landschaften. Das ist unsere zweite Verwurzelung. Aber unsere Sprache, unsere Geschichte, unsere Gebiete und Landschaften sind nicht eindeutig. Sie sind weder ein grobes Gewebe, noch ein schlecht vernähter Flickenteppich. Die französische Kultur ist ein Moiré. Also ja, ich gebe es zu, der sterile Gegensatz zwischen Identität und Multikulturalismus, in dem man uns einschließen will und der überhaupt nicht zu uns passt, begeistert mich kaum. Die französische Kultur bewegt mich, wenn sie Kreuzungspunkt von Befindlichkeiten, Erfahrungen und Einflüssen ist. Das nenne ich Offenheit. Ich sehe jedoch den politischen Gebrauch, die bestimmte Leute von unserem gemeinsamen Erbe machen wollen, um es den (ethnischen und religiösen) Zugehörigkeiten entgegenzusetzen: Die Leidenschaft mancher Leute für eine eindeutige und geschichtsübergreifende französische Identität ist eine Geste des Widerstands gegen die Auflösungsbestrebungen des globalisierten Multikulturalismus. Nun gut, was mich angeht, will ich nicht mit mir handeln lassen: ich nehme die französische Kultur so, wie sie ist, mit ihren Komplexitäten und den Zuflüssen, und ich stelle sie entschlossen den verengten Zugehörigkeiten ebenso wie den vereinfachenden Nationalismen entgegen.

Causeur: Unser Land triumphiert, sagen Sie, mit den zeitgenössischen Schriftstellern mit Namen Marie NDiaye, Leila Slimani, Alain Mabanckou. Ihre Biliothek ähnelt einem Casting, wie die erste Regierung Sarkozy. Und wenn man von zeitgenössischen Schriftstellern spricht, erscheint es erstaunlich, Namen wie Houellebecq oder Carrère zu vergessen…

Emmanuel Macron:  Erlauben Sie mir zu schmunzeln angesichts von so viel normativer Selbstsicherheit… Ich lasse Ihnen die Freiheit eines eigenen Urteils, aber gestehen Sie mir zu, dass ich nicht unterschreibe. Ndiaye (deren Mutter Französin ist), Slimani (deren Mutter Franko-Algerierin ist), Mabanckou (der Franko-Kongolese ist) sind durch die französische Sprache zur französischen Kultur hinzugekommen, und sie besetzen dort einen herausragenden Platz. Das erscheint mir das Wesentliche zu sein. Man wird französisch durch die französische Sprache. Michel Houellebecq gehört übrigens zu den Schriftstellern, für die ich eine aufrichtige Bewunderung habe, weil seine Werke die zeitgenössischen Schwindelgefühle und Ängste entziffern…..

Causeur: Eben, Sie stimmen zu, dass die französische Sprache unser gemeinsamer Schatz ist. Sehr gut. Was werden Sie tun, um sie zu verteidigen? Was halten Sie von dem Slogan „Made for sharing“, der für die Kandidatur von Paris für die Olympischen Spiele gewählt wurde? Die ganze Welt hat höhnisch gelacht über die „Molière-Klausel“, aber wenn sie eine schlechte Antwort ist, verbirgt sich dahinter nicht eine gute Frage?

Emmanuel Macron: Die französische Sprache muss nicht „verteidigt“ werden: sie ist die am dritthäufigsten gesprochene Sprache der Welt. Aber sie muss mit Unnachgiebigkeit unterrichtet werden, denn der nationale Zusammenhalt beruht auf der Beherrschung der Sprache. Französisch lesen und schreiben zu können ist nicht nur ein Pass für den Arbeitsmarkt. Es ist der erste Richtungspfeil für die Integration in unsere Gesellschaft. Genau deshalb wünsche ich, dass Lesen und Schreiben der erste Kampf der Schule seien….Diesen Kampf dürfen wir nicht verlieren. Wenn wir nicht alle die französische Sprache teilen und das, was sie von unserer Kultur transportiert, wird unser Land in hermetisch abgeschlossene Gemeinschaften zerfallen. Die französische Sprache ist die Medizin gegen das Ghetto. Deshalb werde ich auch die Unterrichtung von Griechisch und Latein[1] wieder etablieren, die dafür die Grundlage sind…..Ich wünsche ebenfalls, dass die Einbürgerung die Beherrschung der Sprache voraussetzt; darüber werde ich wachen….

Causeur: Wir haben häufig den Eindruck, dass Sie versuchen, entgegengesetzte Bestrebungen unter einen Hut zu bringen, was vielleicht lobenswert ist, wenn man den Anspruch hat, das allgemeine Interesse zu vertreten und zu schützen. Nichtsdestotrotz sind bei dem, was den kulturellen Zusammenhalt unserer Gesellschaft ausmacht, nicht alle Optionen miteinander zu vereinbaren. In der Geschichte hat Frankreich das republikanische Modell (Assimilation, dann Integration), das den Neuankömmlingen und ihren Kindern abverlangt sich anzupassen, dem Multikulturalismus vorgezogen, was bedeutet, dass die Gleichheit der Individuen untereinander nicht die Gleichheit der  Kulturen nach sich zieht. Ist dieses Modell durch die Vielfalt unserer Gesellschaft obsolet geworden? Müssen wir mit dieser Tradition brechen, um muslimische Bevölkerungen aufzunehmen, die von „entfernteren“ Kulturen kommen?

Emmanuel Macron: Das französische republikanische Modell beruht auf der Integration. Das kann nicht in Frage gestellt werden….

Causeur: Aber wenn Sie ein Verteidiger der französischen Sprache und der Laizität sind, was unterscheidet Sie dann von ihnen (Anm. des Übersetzers: gemeint sind wohl die zuvor erwähnten Einwanderungs- und Islamkritiker Alain Finkielkraut und Eric Zemmour)

Emmanuel Macron: Der Unterschied zwischen ihnen und mir ist, dass ich keine Angst habe. Ich habe keine Angst um unsere Kultur, ich habe keine Angst um Frankreich. Ich bin zutiefst davon überzeugt, dass Frankreich niemals eine multikulturelle Nation war und es niemals sein wird. Wenn es ein Risiko gibt, dass es so kommt, werde ich es bekämpfen, indem ich unserer Sprache ihre herausragende Bedeutung im Unterricht zurückgebe, indem ich alle ohne Nachgeben sanktioniere, die sich den Gesetzen der Republik und ihrer Praxis entziehen, indem ich unablässig an dem arbeite, was uns gemeinsam ist….

Den radikalen Islam zu bekämpfen ist keine Islamophobie: es ist das Minimum, das man von den politisch Verantwortlichen erwarten kann

… Angst zu haben, sich zu beunruhigen, zu fürchten hat noch niemals zu etwas geführt.

Causeur: Doch, dazu die Realität so zu sehen, wie sie ist, auch dann, wenn sie uns nicht gefällt. Eine gewisse Anzahl von Franzosen denken, dass unsere kollektive Identität durch den Aufstieg des radikalen Islam bedroht ist. Haben sie Unrecht? Ist das Islamophobie?

Emmanuel Macron: Den radikalen Islam zu bekämpfen, ist keine Islamophobie: es ist das Minimum, das man von politisch Verantwortlichen erwarten kann, die sich bemühen, die nationale Einheit und die öffentliche Ordnung zu erhalten. Aber wenn der von Millionen Landsleuten praktizierte Islam auch verdächtigt wird, nicht mit den Gesetzen der Republik kompatibel zu sein, wenn man Ihnen zeigt, dass es in der Natur des Islam liegt, gegen unsere Gesetze gerichtet zu sein, dann beginnt die Islamophobie. Den Islam in Frankreich zu organisieren und zu regulieren, besonders indem man ihn von seinen konsularischen Verbindungen (Anm. des Übersetzers: also zu ausländischen Regierungen) abschneidet, wird es erlauben, diesen Befürchtungen ein Ende zu machen, und wird es unseren islamischen Landsleuten erlauben, ihren Glauben vor Verdächtigungen geschützt zu leben. Das ist mein Projekt, und meine Entschlossenheit in dieser Sache hat keine Schwachstelle.

Causeur: Wird das ausreichen, um den Anstieg einer Form von Frömmigkeit und des Rigorismus einzudämmen, die danach strebt, sich vom Rest der Gesellschaft zu isolieren? Jenseits des Terrorismus gibt es einen friedlichen Separatismus. Werden Sie ihn bekämpfen und wie?

Emmanuel Macron: Die Rolle eines Präsidenten der Republik ist es nicht, Glaubensinhalte zu bekämpfen, sondern die Worte und Praktiken zu bekämpfen, die sich außerhalb der republikanischen öffentlichen Ordnung stellen. Wenn die religiösen Strömungen, die Sie beschreiben, darauf hinauslaufen, die republikanische Ordnung in Frage zu stellen, besonders bei der Rolle, die sie den Frauen zuweisen, werden sie hart sanktioniert werden. Manche werden es schon. Da wird man weitermachen müssen. Um diese Auswüchse zu entdecken, werden wir eine Polizei und Nachrichtendienste auf der am besten passenden Ebene auf die Beine stellen müssen. Ich werde sie auf die Beine stellen.

[1] Anmerkung des Übersetzers: die sozialistische Regierung Hollande hatte die Unterrichtung dritter Fremdsprachen massiv heruntergefahren. Davon war nicht nur Latein, sondern auch Deutsch stark betroffen.

Kommentare:

  • Macron gibt sich alle Mühe, ein republikanisches Selbstbild der französischen Nation zu vertreten, das von links bis rechts sehr viele Wähler ansprechen könnte
  • Das klassische französische Modell, Integration über die Sprache, Kultur und die republikanischen Bürgerrechte zu definieren statt über Herkunft und Hautfarbe, ist mir persönlich sympathisch und auch weit nach links konsensfähig.
  • Gleichzeitig betont er deutlich und ungewöhnlich hart auch die Kehrseite der Medaille: mehr Zug in den Schulen, keine Einbürgerung ohne Beherrschung der Sprache, Sanktionen gegen Abweichungen. Damit integriert er weit in die bunte und breite Szene der französischen Einwanderungs- und Islamkritiker und der katholischen Konservativen hinein.
  • An keiner einzigen Stelle versucht er, Personen und Autoren wie Michel Houellebecq, Alain Finkielkraut oder Eric Zemmour auszugrenzen (Merkel über Sarrazin: „nicht hilfreich!“) oder in eine Schmuddelecke zu verbannen, wie es in Deutschland oft üblich ist. Kein Ton davon. Er erlaubt sich lediglich, andere Schlüsse zu ziehen oder andere Akzente zu setzen. Mit dem Plätten von Meinungen durch moralischen Totschlag käme er in Frankreich nicht durch, gerade nicht als der Kandidat der Mitte, der er sein will.
  • Es ist nicht korrekt oder sogar Etikettenschwindel, wenn deutsche Medien wie die SZ Macron als Linksliberalen verkaufen. Mit den hier vorgetragenen Thesen zu Staatsbürgerschaft, Bildung, Sanktionen könnte er im deutschen Parteienspektrum mühelos auch im Wählerspektrum der CSU punkten. Sehr deutlich setzt er sich von Multikulti ab.
  • Macron ist ein Zentrist, der auf der rhetorischen Ebene äußerst geschickt operiert. Es ist also logisch, dass er auch von François Bayrou unterstützt wird, von ehemaligen Regierungsmitgliedern wie auch inoffiziell vom bisherigen Präsidenten Hollande und von Konservativen, die Fillon nicht unterstützen wollen.
  • Auch der auf diesem Blog bereits mit einem Kommentar vertretene Luc Rosenzweig hat sich in einem Kommentar im „Causeur“ für Macron ausgesprochen: „Die Alten mit Macron!“ (online hier). Als Grund gibt er u.a. die Befürwortung der Kernenergie an, also noch eine Präferenz, die so gar nicht mit dem deutschen Mainstream zu vereinbaren ist.
  • An einigen Stellen kann man eine gewisse Naivität oder gar Täuschungsabsicht vermuten, z.B. wenn er sagt, dass er den Islam in Frankreich von den „konsularischen Verbindungen“ abschneiden will. Das ist in Wahrheit sehr starker Tobak, und es würde nicht ohne schwere Konflikte abgehen.
  • Die große Frage bei Macron lautet deshalb für alle potenziellen Wähler: Meint er es ernst und kann er es auch? In seinem jungen Alter und mit der Musterschüler-Karriere, die er bisher hingelegt hat, ohne irgendwo groß anzuecken? Emmanuel Todd über Emmanuel Macron: „Er ist außergewöhnlich in der Selbstsicherheit, nichts zu sagen. Aber er hat ein sehr klares Programm: die Verschmelzung sämtlicher Gemeinplätze des Bankensystems.“
  • Wenn Macron Präsident wird, dürfte vieles auch davon abhängen, welche Handlungsfreiheit ihm das im Juni neu zu wählende Parlament geben wird.
  • Ein vom breiten Establishment gestützter Präsident Macron könnte sich sehr schnell auch als letzte Chance für dieses Establishment herausstellen. Noch eine Enttäuschung wie die durch François Hollande kann sich Frankreich wohl nicht leisten.

Nachtrag 19.4.2017:
Der altgediente und regierungserfahrene Linkssouveränist Jean-Pierre Chevènement ist sich unsicher, ob er Mélenchon oder Macron wählen soll.
Daniel Stelter beschäftigt sich mit dem Wahlkampf in Frankreich und einer möglichen Paarung Mélenchon – Le Pen, das Alptraum-Szenario für den Euro und Deutschland.
Ein Stechen der beiden ist tatsächlich nicht ausgeschlossen, aber derzeit eher unwahrscheinlich. Umfragen zeigen derzeit eher, dass Fillon wieder an Macron und Le Pen heranrückt, die beide ein wenig schwächeln und von zwischenzeitlich über 25 auf 22% gefallen sein sollen. Das Rennen bleibt spannend, gerade weil Umfragen nicht überbewertet werden sollten. Hamon ist aber wohl abgeschlagen und aus dem Spiel. Wenn er in dieser Lage verzichten und zur Wahl von Mélenchon aufrufen würde, wäre das eine dramatische Wende.

Nachtrag 20.4.2017:
Will Denayer in Makroskop (Paywall): Der Kandidat der extremen Mitte.
Manfred Haferburg beschreibt im dritten Teil einer erfrischenden Serie die Ungewissheit: Paris vor der Wahl

Nachtrag 23.4.2017:
Die erste Runde der Wahl ist gelaufen. Die Umfragen haben zuletzt ein sehr korrektes Bild des Ergebnisses gezeichnet: Macron und Le Pen vorne bei 22-24%, Fillon und Mélenchon in der zweiten Reihe bei knapp 20%, der schwache Hamon (der den starken Mélenchon aus dem Rennen genommen hat) und Dupont-Aignan (der Fillon aus dem Rennen genommen hat), abgeschlagen in der dritten Reihe bei 5-6%. Keine einzige Überraschung dabei.
Im nächsten Beitrag werde ich hier das Interview mit der Kandidatin Marine Le Pen aus derselben Serie „Parlez-nous de la France!“ wiedergeben.
Gute Einschätzung im Cicero: Neuanfang auf Trümmern

Nachtrag 24.4.2017:
Das vermutlich nachhaltigste Ergebnis dieser Wahl ist der Untergang Hamons (fr) und damit des offiziellen Kandidaten der Sozialistischen Partei. Damit ist das Erbe des fragwürdigen Gründers François Mitterand endgültig verjubelt bzw. unter die Erde gebracht.
Außerdem muss man feststellen, dass die beiden durch Vorwahlen bestimmten Kandidaten Hamon und Fillon auf ganzer Linie enttäuscht haben. Die beiden Finalisten dagegen haben sich keiner Vorwahl gestellt, ebenso wenig wie Mélenchon, der im Wahlkampf den stärksten Auftritt abgeliefert und den besten Zuwachs eingefahren hat.

Brauchbare Analysen/Karten bei der ZEIT: Die Jungen wählen extrem – oder gar nicht
Heiner Flassbeck hat eine guten und fairen Ausblick auf die Herausforderungen für Macron im Angebot: Das mittlere Maß der Unvernunft.
Hervorragende Grafiken zum Wahlausgang auf dem Blog les-crises.fr (versteht man auch mit wenig Französischkenntnissen).

Nachtrag 25.4.2017:
Den Untergang der französischen Sozialisten hat Evans-Pritchard bereits vor 3 Jahren analysiert.

Nachtrag 26.4.2017:
Nils Minkmar zur Wahl: Frischer Wind im Geisterhaus
Nicht schlecht, aber auch nicht sehr tiefschürfend. Minkmar hat bei der FAZ stärkere und vor allem auch scharfsinnigere Artikel geschrieben als beim ehemaligen Nachrichtenmagazin.

Nachtrag 1.5.2017:
Emmanuel Todd hat in einem Interview gesagt, dass Jean-Luc Mélenchon DAS Ereignis der 1. Runde der Präsidentschaftswahlen war, dass er ihn in der Vergangenheit zu hart beurteilt und jetzt für ihn gestimmt habe. Er habe die Dynamik in den unteren Klassen  zugunsten des FN gebrochen.
In der Stichwahl werde er sich „mit Freude“ der Stimme enthalten, weil eine Stimme für Le Pen eine fremdenfeindliche Stimme sei, eine Stimme für Macron für ihn aber eine Stimme für die Hinnahme der Unterwerfung.

Nachtrag 3.5.2017:
Es gibt in der WELT ein Interview mit Emmanuel Todd über Macron und die Wahl (leider hinter einer PayWall): Emmanuel Macron wird Frankreich verraten.
Die Nachdenkseiten kritisieren den extremen moralischen Druck zur Parteinahme für Macron: Unser linksliberales Establishment verblödet zusehends

Nachtrag 5.5.2017:
Bernd Zeller höhnt über die deutsche Wahlberichterstattung:ReifFürEinePräsidentin
Und eine Ausnahme dazu:
Sehr gutes Interview in der ZEIT zur Wahl mit Emmanuel Carrère.

Nachtrag 7.5.2017:
Macron ist gewählt. Die ca. 65%:35%  entsprechen ziemlich genau dem, was schon vor Monaten für diese Paarung gehandelt wurde. In der Zwischenzeit gab es (wie so oft) jede Menge Hype, um das Interesse an entsprechenden Berichten nach oben zu jazzen.
Jetzt geht es darum, nach vorne zu blicken: Macron muss liefern, und Deutschland kann es sich nicht leisten, zu allem Nein zu sagen.

Nachtrag 8.5.2017:
Die Nachdenkseiten sehen Frankreich vor turbulenten Zeiten. Es ist in jedem Fall richtig, dass die Parlamentswahlen über Macrons Handlungsspielraum entscheiden werden.

Nachtrag 11.5.2017:
Peter Wahl: Der halbe Sieg des Emmanuel Macron
Auch in der ZEIT ein guter Beitrag von Mark Schieritz über das Ende der deutschen Illusionen durch Macron.

Nachtrag 15.05.2017:
Winfried Wolf: Macron wird die Krise der EU vertiefen
Durchaus einige interessante Gedanken und Information mit viel linker Parteilinie