Zentrale gegen Selbstverwaltung?

Gestern hat mir eine gute Bekannte erzählt, dass sie auf einer Veranstaltung hier im Stadtbezirk war, über die bisher praktisch nur die Süddeutsche Zeitung berichtet hat:

In der Veranstaltung konnten Bürger von Neuperlach, eines „sozial schwierig“ genannten Stadteils von München, ihre Wünsche für die ‚Sanierung‘ ihres Stadtteils äußern. 250 Teilnehmer haben das laut diesem Bericht getan, in einem Stadtteil mit insgesamt 55000 Einwohnern. Das ist schön, aber nicht repräsentativ.

Was ist mit den kommunalen Gremien?

Eigentlich hätte ich naiv erwartet, dass solche Stadtplanungsprozesse von kommunalen Gremien gesteuert und beschlossen werden. Das wären in diesem Fall unser Bezirksausschuss Ramersdorf-Perlach und der Stadtrat von München. Im Artikel sind sie aber beide als Institutionen nicht erwähnt. Warum nicht? Lediglich Kommunalpolitiker sind als Teilnehmer unter den 250 genannt. Waren die privat oder als Repräsentaten ihrer Gremien dort? Und das Planungsreferat der Stadt München ist erwähnt. Dieses ist aber kein repräsentatives Gremium, sondern ein reines Verwaltungsorgan.
Für mich stellt sich da die Frage, ob hier die demokratisch legitimierten Gremien umgangen werden, besonders auch deshalb, weil beide Gremien am 15. März 2020 im Rahmen der bayerischen Kommunalwahlen neu gewählt werden. Warum fand die Auftaktveranstaltung nur 4 Wochen vor diesen Termin statt? Die Folgetermine mit Bürgerbeteiligung im März und April und einer ‚Aktionswoche‘ vom 4. bis 9. Mai scheinen also von den Ergebnissen und Mehrheiten der Kommunalwahl völlig unabhängig zu sein. Haben wir es hier mit Parallelstrukturen von Bürgerbeteiligung zu tun, die in Konkurrenz zur kommunalen Selbstverwaltung stehen?

Geld vom Bund, Planer aus der Ferne

Das im Artikel erwähnte Förderprogramm ‚Soziale Stadt‘ ist ein Programm des Bundes. Und der Bund steuert hier offensichtlich mit seinem Geld direkt in die kommunale Ebene hinein. Meine Bekannte hat mir berichtet, dass die Berater, die die Veranstaltung durchgeführt hätten, aus Hamburg und Kopenhagen gewesen seien, „wegen europaweiter Ausschreibung“. Auch das ist in dem SZ-Artikel nicht explizit erwähnt, es wird aber der ‚Moderator Daniel Luchterhandt‘ genannt. Und Luchterhandt ist tatsächlich ein Stadtplanungsbüro aus Hamburg; Motto: Städte bewegen.
Mit Geld vom Bund von Hamburg aus einen Stadtteil von München an Bezirksausschuss und Stadtrat vorbei bewegen? Das wirft zumindest Fragen nach der Realität und Relevanz der kommunalen Selbstverwaltung auf.
In einem Nebensatz wird in dem SZ-Artikel auch das Thema Klimawandel erwähnt. Wenn die Berater von Hamburg und Kopenhagen nach München fliegen, um dort die kommunale Selbstverwaltung zu ersetzen, wird das wohl weder kostengünstig noch klimafreundlich sein.

Starker Druck zur Zentralisierung

Subsidiarität war einmal eine Grundidee der Bundesrepublik, besonders aber der Union, also das Prinzip größtmöglicher Selbstverwaltung auf den unteren Ebenen der Gesellschaft (Individuum->Familie->Gemeinde->Region), bevor die Bundes- oder gar die europäische Ebene in Entscheidungen eingreift.
Dieses Prinzip wurde zuletzt auch in der Bildungspolitik massiv in Frage gestellt. Obwohl die Bildungspolitik das letzte Feld wirklich autonomer Entscheidungen der Länder ist, versucht der Bund massiv mit seinem Geld, auch dieses Politikfeld zu zentralisieren. Zum Beispiel hat die GroKo die Etablierung eines ‚Nationalen Bildungsrat‘ beschlossen, aus dem Bayern und Baden-Württemberg wieder ausgestiegen sind. Zu meinem großen Erstaunen hat sich insbesondere auch die FDP massiv für diesen Zentralisierungsversuch stark gemacht. Was Zentralismus mit Liberalität zu tun hat, leuchtet mir allerdings nicht so ganz ein.

Fazit und Ausblick

Die Stadtplanung von Neuperlach, deren Prozesse zumindest Fragen aufwerfen, deutet darauf hin, dass der Bund mit ähnlichen Methoden (Von-der-Leyen-Methode des massiven Einsatzes von Steuergeld und externen Beratern) auch tief in die kommunale Selbstverwaltung eingreifen will. Wozu das?
Ich bin der Meinung, dass das die kommunalen Gremien und die wahlkämpfenden Kommunalpolitiker in München sehr viel stärker und kontroverser interessieren sollte, als es das offensichtlich bisher getan hat.
Aus diesem Grund werde ich einige Fraktionen und Kandidaten für den Bezirksausschuss Ramersdorf-Neuperlach anschreiben und nachfragen, ob sie etwas zu diesem Prozess wissen und was sie davon halten.

Nachtrag 11.03.2020

Fragen und Antworten

Folgende Fragen zu dem oben skizzierten Stadtplanungsprozess habe ich zwei Kandidaten zur Wahl des Stadtrats und des Bezirksausschusses Ramersdorf-Perlach gestellt:

  1. In welchem Maß sind die Gremien Stadtrat und Bezirksausschuss daran beteiligt
  2. Haben die demokratisch gewählten kommunalen Gremien das Entscheidungsrecht oder Geldgeber Bund?
  3. Wie schätzen Sie das Projekt ein?
  4. Sehen Sie die kommunale Selbstverwaltung in Frage gestellt oder sollen/können die Gremien ihre Zuständigkeit sicherstellen?
  5. Was wären für Sie positive Ziele und Ergebnisse des Prozesses?

Rudolf Schabl, Freie Wähler
Platz 4 der Stadtratsliste und Platz 1-3 der Liste für den Bezirksausschuss:

Bislang war mir das Projekt nicht bekannt. Von unserem OB-Kandidaten, der auch im Bezirksausschuss Obergiesing-Fasangarten als Fraktionsvorsitzender für die Freien Wähler tätig ist, habe ich folgende Information erhalten:
Das Programm „Soziale Stadt“ ist ein Förderprogramm, das von der Stadt schon geraume Zeit genutzt wird (die letzen 5 Jahre übrigens in Giesing) und eben auch gewisse Bundeszuschüsse aktiviert. Es ist gut möglich, dass es jetzt die nächsten 5 Jahre in Perlach umgesetzt werden soll. Im Rahmen dieses Programms werden bestimmte Entwicklungen im jeweiligen Bezirk voran gebracht, die allen Bürgerinnen und Bürgern vor Ort zugute kommen. In die Umsetzung und Fortführung dieses Programms im jeweiligen Viertel werden sowohl der Stadtrat, der jeweilige BA und auch die Bürger*innen vor Ort regelmäßig einbezogen und wirken während der gesamten Laufzeit auch daran mit. Hier habe ich dazu noch weitere Information gefunden.

Dr. Thorsten Stengel, ÖDP
Mitglied im Bezirksausschuss, Platz 4-6 der Liste
für die Neuwahl

  1. Der BA wurde bereits im Vorfeld der Einrichtung des „Soziale Stadt“-Gebietes involviert und kann Anmerkungen und Wünsche äußern, diese werden i.d.R auch berücksichtigt
  2. Es gibt verschiedene Entscheidungsebenen/-gremien, der Bund hat dabei jedoch kein Mitspracherecht; lediglich formale „Regeln“ des Bundes sind zu beachten. Ansonsten entscheiden kommunale Gremien bzw. die kommunale Verwaltung; hier ist der BA ebenso eingebunden.
  3. Sehr positiv, da es u.a. auch eine Art übergeordnetes Stadtplanungsinstrument ist.
  4. Ich sehe hier sogar eine Stärkung der kommunalen Gremien.
  5. Die Hoffnungs besteht, dass manche bereits beginnende Fehlentwicklung (z.B. übermäßige Nachverdichtung) eingegrenzt werden kann

Ich danke beiden Kandidaten für die lehrreichen Antworten auf meine Fragen.

Klimakonferenz München 2019

(there is an English version of this report)
Am Wochenende hat die Klimakonferenz von EIKE in München stattgefunden. Ich habe mir die 4 Vorträge des Vormittagsprogramms am Samstag angehört:ProgrammSamstagVormittagIch fasse hier die Vorträge kurz zusammen und verlinke jeweils auf die Aufzeichnung, damit sich jeder Leser bei Interesse den Vortrag selbst ansehen kann.

Christian Schlüchter, Schweiz

Prof. em. Christian Schlüchter hat sich als Geologe intensiv mit den Gletschern der Alpen beschäftigt. Über seine Funde von sehr altem Holz in und unter Gletschern und was sie über die Vergletscherung der Alpen verraten, hat er in seinem Vortrag berichtet:
Schlüchter1
Das Video des 40-minütigen Vortrags findet sich hier.
Die wichtigste Folie seine Vortrags zeigt die letzten 12 Tausend Jahre: Skala unten von 10 Tausend vor bis 2000 nach Christi Geburt). Ganz oben ist die Temperaturdifferenz im Sommer im Vergleich zu 2005 eingetragen, im unteren Teil der Grad der Vergletscherung (‚Glacier extent‘):

SchlüchterÜberblick

Bunt eingetragen sind Funde von Bäumen, Pflanzen und Tieren, sowohl eigene als auch die anderer Forscher in der ganzen Welt (‚Iceman’= der ‚Ötzi‘). Die ‚Wespe‘ ist beispielsweise eine Schlupfwespe, die er in einem ‚Torfballen‘ unter dem Grimsel-Gletscher gefunden und dann datiert hat. Diese Funde und ihre 14C-Datierung wurden im ersten Teil des Vortrags vorgestellt. Das wesentliche Ergebnis ist, dass ALLE diese Funde aus der Zeit stammen, als die Alpen weniger vergletschert waren als 2005.

Warme Zeiten: mehr Leben

Die Baumgrenze lag mindestens 300m höher. Exemplarisch steht dafür Hannibal, der zur Römerzeit mit Elefanten die Alpen überqueren konnte, weil die Hochlagen sehr viel weniger vergletschert waren als in den letzten Jahrhunderten.

Warme Zeiten: mehr Zivilisation

Laut Schlüchter sind die Gletscher immer wieder rapide gekommen und rapide verschwunden, aber in mehr als der Hälfte der Zeit waren die Gletscher kleiner als 2005:

SchlüchterFazit

Am Ende seines Vortrags wurde Schlüchter gefragt, ob und bis wann der Himalaya gletscherfrei sein würde, wie manche behaupteten. Er antwortete, er sei „nicht Prognostiker“, offensichtlich daran interessiert, sich aus den ganz strittigen Klimastreitfragen herauszuhalten.
Über seine Forschungsergebnisse und wie sie ihn trotzdem mit der Klimaforschung in Konflikt gebracht haben, kann man sich auch in einem schon 5 Jahre alten Interview informieren.

Nicola Scafetta, Italien

Nicola Scafetta ist ein italienischer Physiker und Klimamodellierer, der an der Universität Neapel arbeitet (Der englische Wikipedia-Eintrag ist etwas ausführlicher und aktueller). Er ist als Kritiker der Klimamodelle seit langem bekannt und wird bekämpft, weil er eigene Klimamodelle rechnet und mit deren Ergebnisse die IPCC-Modelle kritisiert.
Sein Vortrag gestern beschäftigte sich auch wieder mit den Schwächen und Mängeln der IPCC-Klimamodelle:

Scafetta1
Der Vortrag dauerte etwa 52 Minuten und ist hier verfügbar.
Er diskutierte die Klimatreiber in den IPCC-Modellen und wies insbesondere darauf hin, dass die solare Komponente darin als verschwindend gering angesetzt wird (der blaue Kasten um die entsprechende Aussage ist von mir):
ScafettaIPCCModelle

Dann stellte er die Ergebnisse der IPCC-Modelle vor, die auf den ersten Blick für sie sprechen und vom IPCC auch herausgestrichen werden:

ScafettaIPCCArgument

Nach einem kurzen Diskurs, warum das Argument trotzdem nicht so gut sei, wie es scheine, diskutierte er ausführlich die Stellen, wo die Klimamodelle nach seiner Meinung versagen. Zentral dafür ist die Mittelalterliche Warmzeit, die er hier gemeinsam mit der Warmzeit der Römerzeit und der modernen Erwärmung zeigt (er leugnet also nicht einen Klimawandel!):

ScafettaMediavalWarmPeriod

Auf dieser Folie stellt er fest, dass die IPCC-Modelle daran scheitern, diese mittelalterliche Warmzeit zu reproduzieren:
ScafettaModelFailure
Er weist darauf hin, dass die Modelle den berühmt-berüchtigten ‚Hockeystick‚ reproduzieren und genau deshalb an der mittelalterlichen Warmzeit scheitern würden!
Dasselbe zeigt er dann auch noch für längere Zeiträume und macht an ausgewählten weiteren Beispielen deutlich, dass das letztlich daran liegt, dass die Modelle nicht in der Lage sind, die Zyklen der Sonnenaktivität zu reproduzieren, sobald sich diese in Klimadaten wiederfinden.
Deshalb setzte er, Höhepunkt des Vortrags, vor 10 Jahren seine eigenen Modellprognosen, die diese berücksichtigen (schwarze Linie) denen der IPCC-Modelle (blau gestrichelte Linie) entgegen:

ScafettaPrognosenVor10Jahren
Und 10 Jahre später überlässt er, nach dem Hinweis, dass die El Nino-Spitzen in den Echtdaten außen vor bleiben, dem Zuschauer die Entscheidung, welches Modell besser war: IPCC 2013 Modelle (grünes Band) oder Scafetta-2013-Modell (gelbes Band):ScafettaDatenheute

Wenig überraschend kommt er so zum Schluss:

ScafettaFazit

Nir Shaviv, Israel

Nir Shaviv hatte ich in einem ausführlichen früheren Blogbeitrag bereits als Klimaskeptiker vorgestellt. Er war (neben dem Interesse an einem Alpen- und Gletschervotrag) der wesentliche Grund, warum ich mir diesen halben Tag aus dem Konferenzprogramm ausgewählt hatte:
NirShaviv1

Shavivs Vortrag von 39 Minuten Länge ist hier komplett abrufbar.
Shaviv schloss mit seinem Vortrag nahtlos an den von Scafetta an, diskutierte die Validität der IPCC-Klimamodelle auf abstraktem Niveau.
Zunächst die Vorstellung des groben IPCC-Bildes:

ShavivIPCC

Dieses Bild klopfte er in seinem Vortrag nach und nach ab und zerlegte es in wichtigen Punkten. Besonders wichtig ist ihm, dass die CO2-Sensitivität der Temperatur vom IPCC sehr hoch angesetzt wird, tatsächlich aber unbekannt ist:
ShavivCo2Sensitivity

Fehler sieht er besonders darin, dass andere Treiber als CO2 vom IPCC ausgeschlossen werden: die Sonne!
ShavivSun

Und am Ende steht für ihn fest: dass die CO2-Sensitivität vom IPCC stark überschätzt wird zu Lasten solarer Einflüsse und dass deshalb die IPCC-Modelle den weiteren Temperaturanstieg im 21. Jahrhundert ebenfalls stark überschätzen:
ShavivNoCatastrophe

Er gab mehrere Argumente an, warum die CO2-Sensitivität des Klimas drastisch überschätzt wird. Die Klimawirksamkeit vergangener Vulkansausbrüche würde von den IPCC-Modellen stark überzeichnet werden gegenüber den bekannten realen Wirkungen:

ShavivSensitivityEvidence1

Weiterhin hätten hohe CO2-Konzentrationen in der Erdgeschichte nur wenig auf das Klima zurückgewirkt (das ist allerdings ein Standard-Argument für jeden Feld-Wald-Wiesen-Klimaskeptiker):

ShavivSensitivityEvidence2

Mit physikalischen Argumenten setzt Shaviv so nach und nach eine Obergrenze für die Klimawirksamkeit von CO2 und veranlasst den Zuhörer so, einen alternativen Treiber anzuerkennen. Wie bei Scafetta ist das ein Link von der Sonnenaktivität zum Klimageschehen.

So kommt der sehr selbstbewusste Shaviv zu einem eigentlich vernichtenden Fazit über die Klimawissenschaft (roter Rahmen von mir):

ShavivFazit

Er weist zum Schluß darauf hin, dass der Link von der Solaraktivität zur Temperatur auf der Erde nicht zwingend die direkte Strahlung unserer Sonne sein muss, dass auch andere Wechselwirkungen möglich sind. Anschließend überlässt er es Henrik Svensmark, mit dem er eng abgestimmt ist, eine mögliche alternative Wechselwirkung aus seinen Forschungsergebnissen vorzustellen.

Henrik Svensmark, Dänemark

Henrik Svensmark ist ein dänischer Physiker und Klimaforscher. Er (wie andere Redner) berichtete davon, dass er es zunehmend schwerer hat, Forschungsgelder für seine Arbeit zu erhalten, weil seine bisherigen Ergebnisse den IPCC-Modellen widersprechen.

Svensmark1
Der Vortrag von 32 Minuten Dauer kann hier angesehen werden.
Der Mechnismus, den Svensmark untersucht hat, ist der Einfluss kosmischer Strahlung auf die Wolkenbildung. Diese erfolgt über die Erzeugung von Ionen als Keime für die Wolkenbildung.

CosmicRayCloudLink

Svensmark hat experimentell und auch mit Korrelationsmessungen von Wolkenbildung und kosmischer Strahlung diesen Mechanismus untersucht. Das ist auch deshalb interessant, weil auch IPCC-konforme Forscher daran arbeiten, dass Änderungen an der Wolkenbildung (durch Erwärmung) den menschengemachten Klimawandel verstärken könnten. Die enorme Bedeutung der Wolkenbildung (als Kühlfaktor) für das Klima ist also nicht strittig. Strittig ist aber Svensmarks Fazit:

SvensmarkConclusion

Wie bereits Shaviv in seinem Vortrag ausgeführt hatte, öffnet Svensmarks Forschung einen indirekten Kanal, mit dem die Zyklen unserer Sonne (über die solaren Winde, die kosmische Strahlen mehr oder weniger stark von der Erde ablenken) über die eigene Strahlung zur Erde hinaus an das Klima auf der Erde ankoppeln können. Die Wolkenbildung durch kosmische Strahlen könnte also die von ihm festgestellte Lücke im IPCC-Modell schließen und erklären, warum seine Klimamodelle häufig Klimaschwankungen nicht reproduzieren können, die sonnentypische Periodizitäten (von u.a. 11, 22 und 60 Jahren) aufweisen.

Wissenschaftliches Fazit

Alle 4 Vorträge waren für mich als Physiker sehr interessant und zeigen, dass auf der Konferenz interessante und wissenschaftlich anspruchsvolle Klimaforschung auf hohem Niveau vorgestellt wurde. Nichts von dem Gehörten deutet daraufhin, dass hier schlechter oder über schlechtere Forschung vorgetragen wurde, als ich es in meiner Zeit als Doktorand der Physik erlebt habe. Die vorgestellten Ergebnisse lassen es eher unwahrscheinlich erscheinen, dass die Klimamodelle des IPCC vollständig, über jeden Zweifel erhaben oder einen  97%igen-Konsens wert sein können.

Einschüchterung, Verlegung, Polizeischutz

Im Vorfeld hat es Versuche gegeben, die Konferenz zu verhindern. Nach einem Offenen Brief des Umweltinstituts München und einer Demonstration von ca. 20 Personen in der Lobby des ursprünglichen Veranstaltungshotels, hat diese den Vertrag gekündigt und die Konferenz gezwungen, (erfolgreich) nach einem neuen Veranstaltungsort zu suchen. Hier die freundliche Sicht auf diese Einschüchterung im Vorfeld, hier die wenig freundliche.

Unter anderem rief die Linke Bayern dazu auf, auch am neuen Veranstaltungsort gegen die Konferenz zu demonstrieren:

LinkeStellungnahme
So habe ich also sowohl morgens kurz vor 9:00 Uhr beim Betreten des Tagungsorts als auch beim Verlassen um 14:00 Uhr diese Polizeistreife vor der Tür gesehen:Polizeischutz

Auch in den Tagungsräumen gab es nicht nur einen Sicherheitsdienst, sondern auch Polizisten.
Die Proteste und der Hass gegen die Konferenz ist angesichts der Inhalte, die ich gehört habe (und die sich jeder selbst anhören kann), völlig absurd. Wer solche Vorträge militant verhindert, bedroht die Demokratie und Freiheit definitiv mehr als jeder sogenannte ‚Klimaleugner‘. Keiner von ihnen versucht schließlich, mit Drohungen gegen Hotels Konferenzen zu verhindern, wo nur 100% IPCC-konforme Vorträge gehalten werden.
Tatsächlich habe ich vor und nach der Konferenz auch niemanden gesehen, der sich gestern vor Ort eingefunden hätte, um zu protestieren, und bis jetzt sind keine Berichte erschienen, die darauf hindeuten, dass es am Abend ernsthafte Proteste gegeben hätte. Die ganze Sache ist also allein durch einige Aktivisten getragen worden, die in den Medien Hetze verbreitet und im NH-Hotel demonstriert haben. Möglicherweise hat auch jemand noch im Hintergrund Druck auf die Hotelleitung ausgeübt.
Den schrillen Ton geben jedenfalls Organisationen wie der BUND und Axel Mayer vor:
BUNDMayer

Reaktionen

Die Süddeutsche Zeitung hat vor einigen Stunden einen Bericht über die Konferenz geschrieben, der praktisch keine Inhalte der Konferenz wiedergibt, außer solche, mit denen sie sich diffamieren lässt:
Man trifft Diplomingenieure, die schon immer in fossil gemacht haben und nun, im Alter, ihr Lebenswerk durch die Energiewende infrage gestellt sehen
Mit Herablassung von ‚Diplomingenieuren‘ zu sprechen und zu verschweigen, dass zumindest in den 4 Vorträgen, die ich gehört habe, international bekannte Wissenschaftler vorgetragen haben, ist dann doch ziemlich armselig.

Nachtrag 30.11.2019
Das von Nicola Scafetta behauptete Problem der Klimamodelle mit der mittelalterlichen Warmzeit und dem Hockeystick ist offensichtlich ein uraltbekanntes und wurde 2006 in einer Anhörung des US-Senats thematisiert, wie hier dokumentiert ist.

Nachtrag 23.12.2019
Vergleiche von Scafettas Modellen mit denen des IPCC gibt es hier.
Es gibt anscheinend in der Klimawissenschaft einen starken Trend zu sinkender Klimasensitivität von CO2. Das spielt nicht nur Scafettas, sondern auch Nir Shavivs Argumentation in die Hände:
ClimateSensitivity

Bundesweit keine bessere CSU

Alle drei „linken“ Parteien haben sich durch die Unterwerfung unter Merkels Absolutismus für mich unwählbar gemacht. Letztlich steckt hinter diesem Hinterherlaufen ein fundamentaler Mangel an Urteilskraft, Orientierung und Standfestigkeit in entscheidenden Fragen der Gesellschaft.

Was also tun als ehemals linker und immer noch freidenkerischer Wähler?
Heute: Einen Blick auf eine Alternative und zwei Münchner Kandidaten werfen.

Die Freien Wähler treten zur Bundestagswahl an

Hätten Sie es gewusst? Hier findet man die offizielle Site zum Wahlkampf:

https://www.die-anstaendige-alternative.de/

Stark in den Gemeinden, stark im Süden

Die Freien Wählergemeinschaften sind vor allem im Süden bei Kommunalwahlen stark. In Bayern sind die Freien Wähler traditionell stark in den Gemeinde- und Kreisräten vertreten, oft stellen sie Bürgermeister oder Landräte wie jenen, der es zu bundespolitischer Bekanntheit gebracht hat. Nicht selten stellen sie die zweitstärkste Fraktion in Stadt- und Gemeinderäten. Fast noch stärker sind sie in Baden-Württemberg, wo sie bei der letzten Kommunalwahl sogar die meisten Stimmen erhalten haben. In den übrigen Bundesländern ist ihre Bedeutung dagegen deutlich geringer. Die Freien Wähler gelten traditionell als Vereinigung von liberal-konservativen Bürgern, die eine Alternative zur Union suchen, zumindest auf lokaler Ebene. Es handelt sich also um eine Graswurzelbewegung im besten Sinne.

Überregional umkämpft, aber beachtlich

Die überregionale Betätigung der Freien Wähler ist bei den lokal aktiven Wählervereinigungen keineswegs unumstritten. Es gibt eine Parallelstruktur aus einem Bundesverband der kommunalen Freien Wählergemeinschaften und eben jener Bundesvereinigung, die jetzt auch zur Bundestagswahl antritt. Der Landesverband der FW in Baden-Württemberg hat sogar den Bundesverband verlassen, weil er mit der starken personellen Verflechtung des lokalpolitisch orientierten Bundesverbandes mit der landes-, bundes- und europapolitisch aktiven Bundesvereinigung nicht einverstanden ist.

In Bayern haben es die Freien Wähler geschafft, mit einer Fraktion in einen Landtag einzuziehen, 2009 und 2013 jeweils als drittstärkste Kraft nach CSU und SPD. Auch im Europäischen Parlament sind die Freien Wähler vertreten, mit einer bayerischen Abgeordneten, die (gemeinsam mit der FDP) der liberalen Fraktion ALDE angehört, und einem Abgeordneten aus Rostock, der (gemeinsam mit den AfD-Gründern) der Konservativen Fraktion angehört und erst kürzlich von der Familienpartei zu den FW übergetreten ist. Hans-Olaf Henkel hatte vor der Gründung der AfD das Potenzial der FW als liberale und bürgerliche Kraft erkannt. Dann hat es aber doch nicht ganz gepasst, und Henkel ging zur neugegründeten AfD und dort mit Lucke unter. Beide Ereignisse sprechen aus meiner Sicht für die Freien Wähler: sie sind attraktiv, lassen sich aber nicht so einfach kapern und instrumentalisieren.

Personen und Inhalte

Der bekannteste Vertreter der Freien Wähler ist der Niederbayer Hubert Aiwanger, der derzeit als Spitzenkandidat zur Bundestagswahl auf vielen Plakaten zu sehen ist. Hier spricht er über die Themen und die Ausrichtung seiner Gruppierung in Bayern. Die Rede zum politischen Aschermittwoch im Jahr 2017 war bundespolitisch orientiert:
HubertAiwanger

Im Interview im letzten Kapitel dieses Beitrags erläutern zwei Münchner Bundestagskandidaten ihre persönlichen Positionen und diejenigen der FW zu 10 mir wichtig scheinenden Fragen. Die FW-Kandidaten vertreten teilweise linke Positionen, u.a. zu Auslandseinsätzen der Bundeswehr. Sie bieten bürgerlichen Wählern eine Heimat, die Gründe für harte sachliche Kritik an Angela Merkels Politik sehen. Sie vertreten auch in der Europapolitik pragmatische Positionen, die geschickt zwischen EUphorie und Euroskepsis vermitteln. Eine große Meinungsvielfalt und die Abwesenheit einer starren Parteilinie ist erkennbar, und das ist in diesen konfrontativen Zeiten ein echter Pluspunkt.

Fazit

Die Bundespartei der Freien Wähler ist in diesen Zeiten eine sehr interessante Option, um pragmatisch Druck auf alle übrigen Parteien auszuüben. Es spricht einiges dafür, dass ein Einzug der Freien Wähler in den Bundestag dort für intensivere Debatten und eine neue Dynamik im Stillstand zwischen Linksparteien, Merkelparteien und der AfD sorgen würde. Das ist eine positive Rolle, die ähnlich nur noch die FDP spielen kann (wenn sie sich nicht wieder in einer schwarz-gelben Koalition selbst aufgibt). Wegen ihrer starken sozialpolitischen und Graswurzel-Komponente sind mir die Freien Wähler tatsächlich noch sympathischer als die FDP und ich würde sie deshalb ganz sicher wählen, wenn es die 5%-Hürde nicht gäbe.
Ich wünsche deshalb den Freien Wählern in jedem Fall ein gutes Ergebnis und den Einzug in den Bundestag. Wenn es dieses Mal nicht klappt, dann gibt es bei der Bayerischen Landtagswahl im kommenden Jahr eine gute Chance, zum dritten Mal in Folge den Sprung in den Landtag zu schaffen.

Interview mit Münchner Bundestagskandidaten

Um die einzelnen Abgeordneten gegenüber der Partei, ihren Spitzenleuten und auch den geschriebenen Programmen aufzuwerten, habe ich die beiden Kandidaten der Freien Wähler aus meinem Umfeld kontaktiert, um mit ihnen über ihre Gruppierung und ihre politischen Vorstellungen zu sprechen. Horst Engler-Hamm, München-Nord, und Rudolf Schabl, München-Ost, waren so freundlich, mir auf die folgenden Fragen zu antworten.

MünchnerFWKandidaten

Wie ist es für die Freien Wähler, wenn sie als „bessere CSU“ betrachtet werden? Von Hubert Aiwanger gibt es ja Äußerungen (z.B. aus dem Landtagswahlkampf 2013), dass die FW die bessere CSU sein müssten. Könnte das auch ein attraktiver Anspruch sein, wenn wir jetzt über die Bundestagswahl 2017 sprechen? Nach einer bundesweiten CSU, zumal noch einer besseren,  sehnen sich ja viele.

Engler-Hamm: Ich glaube nicht, dass die FW eine bessere CSU sein wollen. Wir sind einfach eine andere bürgerliche Partei der linken Mitte, die das konservative, oft reaktionäre, oft bigotte (obligatorisches Mitlaufen bei Prozessionen) Erscheinungsbild der CSU ablehnt. Wir sind, zB auf dem Land, Rechtsanwälte , Hoteliers, Ärzte die sich mit vorher genannten Dingen nicht identifizieren können. Wir glauben, dass wir unseren gesunden Menschenverstand einsetzen sollten, ohne Partei-Scheuklappen und Fraktionszwang.

Schabl: Die Freien Wähler (FW) sind nicht nur Hubert Aiwanger. Es gibt eine Vielzahl von unabhängigen Wählergruppen, die eine große Bandbreite an Interessen, vor allem in den Gemeinden, Städten und Bezirken, vertreten. In den Kommunen, also an der Basis, die den Bürgerinnen und Bürgern am nächsten stehen, wird die Politik gemacht, für die die FW  stehen und die um die Probleme vor Ort wissen. In vielen Kommunen sind Mandatsträgerinnen und -träger der FW vertreten und haben Verantwortung; sie sind dort, wo der Alltag stattfindet. In Berlin werden viele Entscheidungen an den Menschen vorbei getroffen.
Die FW sollten sich nicht an die CSU anhängen, das wäre für mich populistisch; sie sollen auch nicht die bessere CSU sein, sondern ihre eigenständige, sachbezogene und bürgernahe Politik weiter verfolgen (Politik mit Herz und Hirn) ohne von Großspenden und Lobbyisten abhängig zu sein. Als von 2008 bis 2013 die CSU in Bayern mit der FDP regierte, hat das der FDP nicht gut getan. Die CSU hat sie „an die Wand gedrückt“ und deren Positionen übernommen; die FDP ist 2013 aus dem Bayerischen Landtag verschwunden. Die CSU hat die Bindung zum Bürger und der Politik vor Ort verloren; sie ist dem Populismus von Seehofer ausgeliefert. Wenn Seehofer sagt, er sei Partner der Bürger, hat er vergessen, dass die Bürger der Souverän in einer Demokratie sind und er und die bayerische Regierung von diesen Bürgern gewählt wurden.

Was waren aus Ihrer Sicht bisher die größten Erfolge der FW in Bayern und in Deutschland?

Engler-Hamm: Abschaffung der Studiengebühren und G9

Schabl: Größte Erfolge waren die Wahl in den Bayerischen Landtag 2008, die Abschaffung der Studiengebühren, die derzeit diskutierte Rückkehr zum G9. Bundesweit war bemerkenswert, dass die FW mit Alexander Hold einen eigenen Kandidaten für das Amt des Bundespräsidenten aufstellten, der dann sogar mehr Stimmen erzielte, als die FW Wahlstimmen in der Bundesversammlung hatten.

Wie positionieren Sie sich als Kandidat der FW in der Sozialpolitik? Wo sehen Sie den größten Handlungsbedarf? Wie grenzen Sie sich von CDU/CSU, FDP, SPD und Linken ab?

Engler-Hamm: Die niedrigen Renten müssen radikal erhöht werden.

Schabl: Die Rentenversicherung muss auf eine solide finanzielle Basis gestellt werden. Alle Beschäftigten, auch Beamte und Selbständige müssen in eine solidarische Rentenversicherung (entspricht dem Modell der Bürgerversicherung) einzahlen. Die heutige Erwerbsarmut führt zur Altersarmut. Junge Menschen brauchen langfristige berufliche Perspektiven. Eine sichere Lebens- und Familienplanung ist mit befristeten, sachgrundlosen Zeitarbeitsverträgen und niedrigen Löhnen nicht möglich. Ein gerechter Lohn bringt eine gerechte Rente. Eine flächendeckende Gesundheitsversorgung, eine Regelung für die Niederlassung von Ärzten besonders im ländlichen Raum, muss geschaffen werden.

Die FW haben sich in Bayern und anderswo ja ganz stark als Befürworter des 9-jährigen Gymnasiums profiliert und damit auch erfolgreich auf die Landesregierung eingewirkt. Wie sehen Sie die Ziele der FW in der Bildungspolitik? Was halten Sie von  der Digitalisierungsbegeisterung der FDP im aktuellen Bundestagswahlkampf?

Engler-Hamm: Die FW treten für eine schnelle Breitbandverkabelung in ganz Bayern ein.

Schabl: Das G9 ist noch nicht ganz in trockenen Tüchern. Auch den Schülerinnen und Schülern, die jetzt schon im Gymnasium sind, muss das G9 zugutekommen (das ist bislang nur den Schülerinnen und Schülern, die in den kommenden Schuljahren das Gymnasium besuchen, möglich). Eine diesbezügliche Petition wurde von den FW vor kurzem initiiert. Bildung muss von klein auf gewährleistet sein und darf nichts kosten. Wenn jetzt nicht in Bildung investiert wird, fehlen in Zukunft die gut ausgebildeten Fachkräfte, die Deutschland voranbringen.
Digitalisierung darf nicht zu einer Aufweichung von Arbeitnehmerrechten führen. Die Folge wären prekäre Arbeitsverhältnisse im Niedriglohnsektor. Bereits jetzt gibt es sogenannte „Crowdworker“, also kurzzeitig beschäftigte Auftragnehmerinnen und Auftragnehmer, die nicht wissen, ob sie ihren Lebensunterhalt auch zukünftig sichern können, weil sie sich von einem Einsatz zum anderen ohne eine soziale Absicherung durchkämpfen müssen.

Was sagen Sie als FW über die Verlängerung des vorbeugenden Gewahrsams auf 3 Monate, den der bayerische Landtag im Juli mit den Stimmen der CSU beschlossen hat? Die FW haben im Landtag das Gesetz kritisiert, sich aber wie die SPD der Stimme enthalten. Wie stehen Sie als FW zum beschlossenen und ebenfalls umstrittenen „Netzdurchsetzungsgesetz“ von Bundesjustizminister Heiko Maas?

Engler-Hamm: Ich persönlich bin gegen diese Gesetze.

Schabl: Was ist denn eine drohende Gefahr? Die muss ja nicht unbedingt von einem Asylbewerber ausgehen. Auch der Normalbürger kann in eine Lage kommen, in der er als Gefahr angesehen werden kann. Eine Verlängerung des vorbeugenden Gewahrsams wäre m. E. nicht nötig gewesen.
Das Netzdurchsetzungsgesetz ist nur dann sinnvoll, wenn Hassmails und Beleidigungen im Internet gar nicht erst auftauchen. Heutzutage kann sich jeder über alles Mögliche aufregen und das der ganzen digitalen Welt mitteilen. Konstruktive Kritik soll möglich sein. Auch die grundgesetzliche Meinungsfreiheit und das Recht auf Information dürfen nicht beschränkt werden. Vertrauenswürdige Quellen sollten entsprechend gekennzeichnet werden, z. B. mit einem Gütesiegel.

Was ist Ihnen in der Außen- und Verteidigungspolitik wichtig? War die Abschaffung der Wehrpflicht vernünftig? Wie halten Sie es mit Auslandseinsätzen der Bundeswehr?

Engler-Hamm: Als Pazifist bin ich prinzipiell gegen Militäreinsatz im Ausland.

Schabl: Durch die Abschaffung des Grundwehrdienstes wurde auch die Ableistung des Ersatzdienstes gestrichen. Das Eintreten für eine soziale Gemeinschaft, z. B. für ehrenamtliches Engagement, geht verloren.  Auch in diesem Zusammenhang wäre eine Wiedereinführung zu diskutieren. Als Ersatz für den Grundwehrdienst wäre ein verpflichtendes soziales Jahr einzuführen. Jedenfalls ist zu verhindern, dass in unserer Gesellschaft Individualismus vorherrscht, sondern sich jeder Einzelne für die Gemeinschaft einsetzt.
Die moderne Kriegsführung und die veränderte Bedrohungslage verlangt eine immer bessere Spezialisierung unserer Soldaten (z. B. Cyber-Truppe). Deshalb muss auch berücksichtigt werden, dass der Dienst für länger dienende Berufssoldaten mit einem Maßnahmenpaket im Hinblick auf Vereinbarkeit von Beruf mit Familie und Besoldung attraktiv gestaltet wird.

Wie sehen Sie als Freier Wähler die Zukunft Europas und die der EU? Soll es mehr Zentralismus geben oder wieder mehr Nationalstaat oder mehr Zusammenarbeit zwischen den Regionen?

Engler-Hamm: Europa der Regionen ist meine Vorstellung.

Schabl: Durch die Globalisierung sind Entscheidungen erforderlich, die national nicht mehr lösbar sind. Es ist aber auch auf nationale Interessen Rücksicht zu nehmen, Entscheidungen sollten vorrangig auf nationaler, besser noch auf kommunaler Ebene getroffen werden. Entscheidungen der EU müssen die Interessen der Bürgerinnen und Bürger mit einbeziehen und nachvollziehbar sein. Dies würde auch zu größerer Transparenz und folglich zu Akzeptanz der EU-Institutionen insgesamt führen. Europa und die EU haben eine Zukunft, wenn alle einsehen, dass man über den Tellerrand hinaussehen muss und das große Ganze im Auge behält.

Wie sehen Sie die Zukunft des Euro? Glauben Sie, dass Südeuropa im Euro wieder auf die Beine kommt? Können Sie sich einen europäischen Finanzminister und europäische Steuern vorstellen? Oder könnte es vernünftig sein, sich auf eine geordnete Auflösung des Euro vorzubereiten, damit nicht alles ungeordnet abläuft, falls die bisherige Rettungspolitik scheitert?

Engler-Hamm: Der Euro nützt Deutschland am meisten. In jedem Südeuropa-Haushalt stehen deutsche Exportwaren. Da muss Deutschland auch zurückgeben und helfen.

Schabl: Der Euro hat eine Zukunft, wenn jedes Land für seine Schulden einsteht. Krisenländer sollten die Möglichkeit haben, eine Zweitwährung einzuführen, um schneller wieder wettbewerbsfähig zu werden. Ein europäischer Finanzminister und europäische Steuern wären den EU-Bürgern nicht zu vermitteln und würde nur das Misstrauen in die EU weiter verstärken.

Wie sehen Sie den ungeordneten Zustrom von Migranten von 2015/16? Welche Fehler wurden gemacht? Was müsste jetzt getan werden, um die dadurch entstandenen Probleme zu mindern und die Spaltung in Gegner und Befürworter von Merkels Grenzöffnung zu überwinden?

Engler-Hamm: Geordnete, begrenzte und gesteuerte Zuwanderung, nur für Personen die sich ausweisen können und die bereit sind, in kurzer Zeit Deutsch zu lernen und zu arbeiten.

Schabl: Der von Angela Merkel verursachte ungeordnete Zustrom von Flüchtlingen war und ist nicht akzeptabel. Die Bundespolizei und das Bundesamt für Migration und Flüchtlingen (BAMF), aber auch alle anderen Behörden waren durch verfehlte Personalpolitik und Sparmaßnahmen nur eingeschränkt handlungsfähig und haben ihr Möglichstes getan. Beispielsweise wurden Beschäftigte von Zoll zum BAMF abgeordnet und fehlten dann an wichtigen Stellen (Bekämpfung der Schwarzarbeit).
Es muss vermittelt werden, dass viele Flüchtlinge nicht ein besseres Leben, sondern überleben wollen. Aber auch, dass Asylrecht ein Bleiberecht auf Zeit ist.

Was würden die FW machen, wenn Sie es in den Bundestag schaffen würden? Würden Sie mitregieren oder eher Opposition sein wollen? Welchen Personen aus anderen Parteien würden Sie gerne Ihre Stimme bei einer Kanzlerwahl geben, wenn auch das Regierungsprogramm stimmt?

Engler-Hamm: Ich möchte mich nicht an Spekulationen beteiligen und als Wahrsager handeln. Zuerst muss unser Ziel erreicht werden, in den Bundestag zu kommen.

Schabl: Bei einer Wahl in den Bundestag wäre Opposition vorzuziehen. Oppositionsarbeit kann verändern. Das kann man im Bayerischen Landtag sehr gut beobachten. Anregungen der FW werden von der CSU-Mehrheit zwar immer wieder abgelehnt, tauchen aber leicht verändert als CSU-Idee wenig später wieder auf. Ein gutes Beispiel ist hierfür unser Einsatz für die Amateurtheaterbühnen in Bayern. Nach langem hin und her hat die Mehrheitsfraktion des Bayerischen Landtags den von Herrn Prof. Dr. Michael Piazolo, MdL und der FREIEN WÄHLER Landtagsfraktion eingebrachten Antrag zur besseren finanziellen Ausstattung des Theaters 1:1 übernommen bzw. abgeschrieben.

 

Nachtrag 27.9.2017:
Die Freien Wähler waren die stärkste der Parteien unter 5% und haben trotz objektiv schwierigerer Umstände ihr Ergebnis von 2013 noch verbessert:

KleinparteienErgebnisse

Nur die 3 Parteien, die mehr als 0.5% erhalten haben, haben Anspruch auf eine Wahlkampfkostenpauschale von einem Euro/Wähler.
Interessant auch die regionale Verteilung der FW-Ergebnisse:

FWErgebnisseKarte

Bayern war tatsächlich wieder die Hochburg der Freien Wähler. Die 2.7% sind eine gute Basis, um in einem Jahr wieder in den Bayerischen Landtag einzuziehen und womöglich an die 9% von 2013 heranzukommen. Es gab Bezirke in Bayern, in denen die FW sogar  bei der BTW nahe an den 5% dran waren: Niederbayern und die Oberpfalz

FWErgebnisse

Die Ergebnisse von Horst Engler-Hamm, München-Nord:
ErgebnisseMünchenNord

und von Rudolf-Schabl, München-Ost:
ErgebnisseMünchenOst

Der kluge Kommentar zum Wahlergebnis von Wolfgang Schrapp, Vorsitzender der Freien Wähler und BT-Kandidat in Neu-Ulm:
FWAnalyseWolfgangSchrappNeuUlm