Schwarzgrüne Energiekrise: I. Kernenergie

Deutschland steckt in einer Energiekrise, die für die Wirtschaft und die Menschen existenzbedrohend ist.
Ich werde in diesem Beitrag belegen, dass diese Entwicklung absehbar war, dass es viele Punkte zum Innehalten und Nachdenken gegeben hat, dass diese Falle (ab einem gewissen Punkt) aber auch sorgfältig organisiert wurde, damit sie so katastrophal zuschnappen konnte.
Und wie in jedem guten Hollywood-Film haben dabei Böswillige, tragische Helden und Dumme ihre Rolle gespielt.

Akt 1: Der Kernenergie-Ausstieg

2011. Fukushima. Merkel denkt nochmals neu über die Kernenergie nach. Ergebnis ist ein Blitzausstieg aus der Hälfte der Reaktoren sofort und aus der anderen Hälfte bis Ende 2022. (Exaktes Timing beachten:2022). Alle damaligen Bundestagsfraktionen mit Ausnahme der Linken haben am Ende im praktisch vollständigen Konsens zugestimmt, ziemlich genau 8 Monate, nachdem die FDP und die Union die Laufzeit aller Kernkraftwerksblöcke gesetzlich verlängert hatten, auch der alten und störanfälligeren.
Hat Mutti Merkel ganz allein und im stillen Kämmerlein darüber nachgedacht? Warum wurde nichts von den Beiträgen, (neuen?) Argumenten und den Gegenargumenten der Öffentlichkeit transparent gemacht? Was hat es mit Demokratie zu tun, wenn eine Regierung praktisch über Nacht und ohne Transparentmachen der Debatte das Gegenteil von dem beschließen kann, was sie jahrelang politisch vertreten hat?
Für die Unionsfraktion hat damals Norbert Röttgen vehement für den Kernenergieausstieg geworben:

Röttgen beweist: Zuviel Konsens ist ein Alarmzeichen. Ein wiederkehrendes deutsches Problem.

Hintergründe:

  • Kernenergie ist eine Technik mit Risiken. Diese Risiken wurden aus Marketinggründen immer kleiner geredet, als sie wirklich sind, oft völlig unglaubwürdig winzig
    (Das ist ein schwerer Fehler , weil es Vertrauen reduziert gerade bei Multiplikatoren und künftigen Entscheidungsträgern, die sich besser auskennen als Normalbürger, etwa Physikstudenten. Es ist also durchaus möglich, dass Deutschland deshalb komplett aus der Kernenergie ausgestiegen ist, weil hierzulande in meiner Generation besonders viele Physik studiert haben)
  • Mit Fukushima ist dieses hohle Marketing-Gerede furchtbar bloßgestellt worden, ein existenzbedrohender Gesichtsverlust für die politischen Verkäufer vor allem in Union und FDP
  • Für die technologisch-wissenschaftliche Risikoeinschätzung von Kernkraftwerken in Mitteleuropa hat sich durch Fukushima aber kaum etwas verändert. Fukushima kann unmöglich logisch begründen, warum Deutschland allein komplett und gegenüber dem rotgrünen Gesetz sogar noch beschleunigt aus der Kernenergie ausgestiegen ist. Man hätte das bessere Gesetz von Schröder einfach weiterlaufen lassen und die Restlaufzeiten nach einer Evaluierung auf die sichersten Meiler konzentrieren können. Dann wäre die Sicherheit auch verbessert worden und mehr KKW würden heute noch dringend benötigten Strom liefern.
  • Eine besonders unrühmliche Rolle haben nach Fukushima die Grünen gespielt, weil sie in mehr als einem Fall die vielen Tsunami-Toten von Japan politisch als Fukushima-Tote verkauft haben. Lügen mit moralischem Zeigefinger:

  • Tatsächlich sind die ca. 16000 Menschen von der Tsunami-Welle erschlagen worden oder in ihr ertrunken. Zumindest kurzfristig ist dagegen keine einzige Person durch die Havarie des Reaktors ums Leben gekommen: Es war ein technisches Unglück, es gab schwere Technikfehler, aber es ist glimpflich abgegangen. Ganz im Gegensatz zum Tsunami: nicht menschengemacht, sondern reine Natur
  • Der Tsunami und das Reaktorunglück von Fukushima haben im Grunde eine Rangordnung wieder deutlich gemacht: die natürlichen Risiken des Lebens auf einer dünnen, auf flüssigem Magma schwimmenden Erdkruste sind größer als die Risiken einer vorsichtig und verantwortungsvoll betriebenen Kernenergie.
  • Für die grüne Ideologie ist diese Einsicht das reine Gift. Der „Fehler“ von Claudia Roth von 2013, den andere Grüne und sogar offizielle Kanäle noch mehrfach und lange wiederholten, ist deshalb kein Fehler, sondern Teil der grünen ideologischen DNA: technikfeindlich, lügnerisch, parareligiös. Dauerschuldig, unfrei und arm soll der Mitmensch leben, vor allem energiearm, wie in der guten alten Zeit!
  • Roths aus tiefem Herzen kommendes Facebook-Gedenken von 2013 markierte für mich persönlich den irreparablen Bruch mit den Grünen. Ähnlich hat mir die tiefe Verwunderung über die Qualität der Kernenergie-„Debatten“ und -Entscheidungen von 2011 die Augen geöffnet für den ademokratischen und zunächst an den pol. Interessen der Elite selbst orientierten Opportunismus der CDU/CSU.
  • Festzuhalten bleibt auch, dass die Bundeskanzlerin Angela Merkel beim Atomausstieg eine treibende Rolle gespielt hat, aus welchen Gründen auch immer1. Bei keinem der folgenden Akte der Zerstörung der Energieversorgung Deutschlands hat sie wieder eine so aktive Rolle gespielt.

Ein ganz besonderer Opportunist

Dieser Mann war 2011 Umweltminister in Bayern:

Und als Umweltminister drohte er 2011 mit Rücktritt, falls der Kernenergieausstieg nicht bis 2022 abgeschlossen ist, sondern bis 2025 gestreckt wird, wie vom Koalitionspartner FDP gefordert.

Und heute steht er mit Merz in Ohu und wirbt wieder für die Laufzeitverlängerung des letzten bayerischen Kernkraftwerks:

Er fordert ausdrücklich nicht den Weiterbetrieb bis 2025, sondern nur bis 2024, denn sonst müsste er ja noch seine Drohung von 2011 wahr machen und zurücktreten. Es gibt auch noch lustige Bilder von dem Termin in Ohu:

Die Zwei von der Strom-Tankstelle

Von Merz gibt es aus dem Jahr 2011 übrigens keine prominente Wortmeldung zum Kernenergie-Ausstieg. Er hatte die Politik 2009 nach jahrelangen Differenzen mit Angela Merkel verlassen und ist deshalb auch beim Thema Kernenergie weniger angreifbar als Markus Söder.
Das hindert ihn aber nicht daran, Unfug über Kernkraftwerke wie Isar II zu erzählen:

Alte Möhren statt moderne Kernkraftwerke

Isar II ging 1988 in Betrieb:
Wie kann ein 34 Jahre altes Kernkraftwerk „eines der modernsten der Welt“ sein? Es ist einfach ein normaler Druckwasserreaktor seiner Generation, mit Problemen nach jahrelang reduzierter Wartung.
Was müssten andere Länder und die Hersteller von Kernkraftwerken in diesen 34 Jahren geschlafen haben, damit diese Behauptung stimmen könnte?
Will man jetzt als ersten Schritt für den Wiedereinstieg den neuentwickelten deutsch-französischen EPR-Reaktor schlechtreden?
Warum muss man in Deutschland immer von einem Extrem ins andere fallen, jetzt eben vom Totalausstieg sofort wieder, schwupp, zu den „modernsten“ der Welt?
Kann man nicht einfach zugeben, dass man aus einem Alles-oder-Nichts-Dogmatismus eine Fehlentscheidung getroffen hat und jetzt versuchen muss zu retten, was noch zu retten ist, während andere maßvoller und vernünftiger entschieden haben?

Fazit zum Ausstieg aus der Kernenergie

  • Der deutsche Ausstieg aus der Kernenergie lässt sich aus Fukushima allein nicht erklären, eher aus den Besonderheiten der deutschen Kernenergie-Debatte
  • Angela Merkel hat zweifellos eine entscheidende und nicht leicht verständliche Rolle gespielt für den Ausstieg aus der Kernenergie
  • Die technischen Details zu Fukushima haben kaum eine Rolle gespielt
  • Der Konsens für den Ausstieg war am Ende größer, als er für den Ausbau der Kernenergie jemals gewesen war
  • Diesem Konsens haben sich besonders bereitwillig auch Unionspolitiker an die Spitze gestellt, die heute wieder mit Laufzeitverlängerungen und einer Zukunft für die Kernenergie punkten wollen. Auch dabei bleiben die Aussagen zu technischen Fragen unterirdisch schlecht.
  • Der Kernenergieausstieg allein hätte die Energieversorgung nicht gefährden können. Dafür war ihr Anteil allein schon an der Stromerzeugung bereits 2011, als der Strommix noch ausgewogen war, zu gering (18%).

  1. nicht zu unterschätzen ist die Tatsache, dass der Betrieb eigener Kernkraftwerke eine gute Grundlage ist für den Erwerb eigener Atomwaffen. Durchaus möglich, dass die Kanzlerin Merkel sich entschlossen hat oder genötigt wurde, aus diesem Grund auf Kernkraftwerke zu verzichten. Fukushima wäre in diesem Fall nur eine günstige Gelegenheit und Ausrede gewesen. Die genauen Hintergründe bleiben im Verborgenen.

Akt 2: Der Kohle-Ausstieg