Apokalyptischer Tritt in den Hintern

Der Spiegel kam am letzten Samstag mit einem grotesken Titel heraus:

NACH IHR DIE FINSTERNIS

Angela Merkels apokalyptischer Blick auf die Lage der Welt

Du lieber Himmel, so schlimm sieht es aus! Aber es war tatsächlich schon schlimmer, sogar in Farbe

MerkelBande

Dieser Eindruck eiAngelaMerkelner großen Finsternis bedrückt mich seit Jahren, nicht nach ihr, sondern gleichzeitig mit ihr.
Da stimmt offensichtlich etwas nicht: Warum regiert sie so, wie sie regiert? Warum macht sie das Gegenteil der Politik , die sie ihren Wählern einmal versprochen hat (mir gottseidank nie). Was macht sie durch? Wie schlimm wird sie bedroht? Trinkt sie? Warum hilft ihr niemand?

Da war natürlich ein großes Erstaunen: sollte ein Spiegel-Redakteur tatsächlich dieselben Fragen an Angela Merkel haben? Und sie sogar in diesem Heft beantwortet werden?

Eigentlich war das nicht zu erwarten, aber zum ersten Mal seit Jahren hat mich diese  trügerische Hoffnung verleitet, mal wieder am Samstagmorgen einen gedruckten Spiegel zu kaufen. Der Artikel selbst befindet sich hier, augenblicklich noch hinter der Bezahlschranke.

Aber es gibt keine Antworten

die wirklich von Angela Merkel kommen.
Im Grunde steht nur ein Aufguß des seit Jahren Bekannten drin: trotz ihrer nicht mehr in Abrede gestellten Düsternis sei Angela Merkel eine Lichtgestalt, lässt der Redakteur René Pfister natürlich eine Amerikanerin sagen, denn höhere Weihen werden immer aus Amerika nach Deutschland gespendet:

„eine Frau, die gegen den Nationalismus kämpfe und den Klimawandel.
Die Kanzlerin habe Standards gesetzt beim Umgang mit den Verzweifelten dieser Welt“

Und nun wieder Pfister: „Angela Merkel hat ein Lächeln im Gesicht.(aha. Wo?)..Sie hat trotz allem, einen Ruf als bescheidenste Politikerin des Westens zu verteidigen.“
„Es ist alles ein bisschen dick aufgetragen“ schreibt René Pfister selbst ganz richtig, sehr dick. Angela Merkel ist fast eine Heilige, und doch klingt alles auch irgendwie nach betreutem Regieren, wie auf Besuch bei der Oma, die so bewundert wird, weil sie so tapfer immer noch den Kaffee selbst kocht, was Rührung auslöst und vorweggenommenen Abschiedsschmerz: „Wir werden sie noch vermissen“, sagt Herfried Münkler.

All die Erinnerungen an die „internationale Ordnung, so wie wir sie kennen“, die jetzt „immer mehr ins Wanken gerate“.
Und das Schlimme, was in der Zukunft droht, ist doch seit Jahren Dasselbe:

Trump, Putin, China und Trump

Moment, China ist aber neu in der Liste der Alpträume! Da stand früher immer noch Erdogan oder Orban. China ist definitiv neu auf der Achse des Bösen. China war vor nicht so langer Zeit noch ein Verbündeter im Freihandel. Da verschiebt sich was, fällt uns auf.

Aber sonst ist die Geschichte unverändert schlimm: „Obama, so erzählen es seine Leute, habe Merkel sehr dazu ermutigt, noch einmal anzutreten“.„Merkel weiß um Trumps Desinteresse an Details“. „Putin bleibt erst bockig…aber mit Fleiß kann sie Putin nicht zur Vernunft zwingen. Er hat kein Interesse an einem Frieden…“

Der Weiße Ritter Joe tritt auf

Zwei Mal schafft er es in die Geschichte: Joe Biden oder immerhin seine Beraterin Smith. Rettet er uns vor Donald Trump?
„Merkel hätte die Macht, etwas Großes anzustoßen“, sagt Julianne Smith, die stellvertrende Sicherheitsberaterin des früheren US-Vizepräsidenten Joe Biden. „Aber was wir erleben ist ein gelähmtes Deutschland, und das ist schlecht für Europa und schlecht für die USA.“
Ganz unvermittelt lässt Pfister später Frau Smith richtig scharf werden:
Heute, acht Jahre später ist das Unverständnis über Merkels Untätigkeit in Wut umgeschlagen. „Es ist eine Schande, dass Merkel nicht die Chance des Moments ergreift und Führungsstärke zeigt“, sagt die Biden-Beraterin Smith.
Da ist jetzt Schluss mit lustig und Heiligenschein und Oma-Gemütlichkeit und Arbeitsverweigerung:

Kommen Sie endlich in die Gänge, Frau Merkel!

Was denn? Sie ist doch schon so lange im Amt, zwar noch beeindruckend rüstig, aber doch kurz vor der Finsternis, die nach ihr kommt. Was kann sie denn noch leisten, für den guten Joe Biden? Raus mit der Sprache!

„Sie müsste die Deutschen an den Gedanken gewöhnen, dass die Bundeswehr mehr Geld braucht und dass die deutschen Soldaten künftig häufiger in gefährliche Einsätze geschickt werden“
„Ein erster Schritt in Richtung mehr Verantwortung wäre eine Reform des deutschen Parlamentsvorbehalts für bewaffnete Einsätze, der es im Moment schwer macht, schnell auf Krisen zu reagieren. Aber Merkel weiß, wie umstritten das ist, also lässt sie lieber die Finger davon“

Die will wohl nicht so, wie sie soll? So richtig neu sind die beiden Forderungen auch nicht. Genaugenommen sind sie länger in der deutschen Politik als Angela Merkel: Asbach-uralt.

Und Moment, wieso braucht es dafür eigentlich den edlen Ritter Biden und seine Frau Smith? Ist sich der in diesen Punkten mit dem angeblichen Finsterling Donald Trump nicht 100% einig? Wickie

Na klar, ich hab’s: es handelt sich hier um

Eine Spiegel-Propaganda-Geschichte

mit der Angela Merkel vom Auftraggeber des Spiegel, der amerikanischen „außenpolitischen Community“ als Ganzes , und nicht etwa vom bösen Trump oder dem guten Biden, zur Lieferung ihres Tributs aufgefordert wird. Die ganze Lobhudelei für ihre humanitäres, umweltpolitisches  Engagement und ihren Kampf gegen den Nationalismus sind nur die Verpackung, in der ihr René Pfister die Anweisung überreicht.
Und der Blick in die Finsternis ihres Gesichts sollte allen den Ernst der Lage deutlich machen.
Das ist die letzte Warnung: nach ihr kommt nur noch die Finsternis!

Tatsächlich wird die Bundeskanzlerin und / oder die dt. Öffentlichkeit mit solchen Medienveröffentlichungen unter Druck gesetzt und gesteuert. Diejenigen, die in Deutschland nicht gewählt sind, teilen ihr so mit, wohin die Reise gehen muss, egal, was ihre Wähler wollen.  Gleichzeitig werden auch die Wähler bearbeitet, damit sie die Unausweichlichkeit akzeptieren.
War es so nicht auch schon 2015? Die intensive Berichterstattung über das palästinensische Mädchen Reem und der Vorwurf der Empathielosigkeit? Die medial stark in Szene gesetzte Geschichte um Alan Kurdi? Man ahnt, wie gering ihr Entscheidungsspielraum tatsächlich sein könnte. Die Frage, inwieweit sie freiwillig mitspielt, bleibt unbeantwortet, ist aber womöglich auch gar nicht entscheidend: Solange die Öffentlichkeit nicht lernt, diese Botschaften zu lesen und sich ihnen ggf. auch zu widersetzen, ist es müßig zu verlangen, dass es eine Bundeskanzlerin tut.

 

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